ST. VITUS, 29.04.2009, Röhre, Stuttgart
Kurz für die Akten, liebe Gala Leser: Es gibt nur einen echten Wino. Der heißt nicht Amy, schon gar nicht Winehouse, sondern Scott Weinrich und singt bei St. Vitus. Hätte der „Hey, wer will mein Auto waschen?“ in die gut besuchte Röhre gerufen – wären vermutlich 70 Leute raus gerannt und „Welches isses denn?“ gefragt. So läuft das nämlich, wenn man eine Legende ist. Besonders im Doom-Business. Da gibt’s neben Black Sabbath, Trouble, Pentagram und eben Saint Vitus kaum Superstars. St. Vitus – wie der Zufall es will – sind kurzzeitig wieder im legendären LineUp mit Wino, Dave Chandler (Gitarre), Armando Acosta (Drums) und Mark Adams (Bass) unterwegs. Roadburn Festival in Holland, Köln, München und Stuttgart. Der Kult um die kalifornischen Doom-Urväter ist leicht erklärt: Es ist die Beständigkeit und der Dickschädel – wie sie sich seit ewig und drei Stirnbändern jeglichen Außeneinflüssen entziehen. Kurz: Die haben den Kalender irgendwann Mitte der 80er-Jahre zu Gunsten der Kunst abgeschafft.
Fangen wir hinten an: Nach „Born Too Late“, dem sexy Slo-Mo-Gassenhauer und Doom-Glaubensbekenntnis, war Schluß. Da sieht Headbanging übrigens immer ein bisschen wie Schuhebinden aus, so zäh ist das. Für den Rest musste man auch ordentlich Zeit mitbringen, denn Doom dauert. Irgendwo zwischen Gottesdienst für die einen und ein bisschen Schmunzeln für die anderen gab’s trotzdem blitzsauberes Dröhn-Entertainment.
„Das ist jetzt die dritte öffentliche Probe im Original Line Up“ sagt einer. „Voll geil“ sagt er auch. Armando Acosta schlägt derweil zielstrebig am Takt vorbei und Dave Chandlers irrwitziges WahWah-Gekniedel ist ganz große Kunst. Wino wiederum singt seine Zeilen wie ein junger Gott, mimt sich fast um den Verstand und ist halt doch der coolste Hund seit der Erfindung von coolen Hunden. Und weil das bei Legenden so ist: St. Vitus hätten zwischendurch auch aus dem Telefonbuch vorlesen können. Wären genauso gefeiert worden wie bei „Living Backwards“, „The Lost Feeling“, „Dying Inside“ oder „I Bleed Black“. Hits, Hits, Hits und eine Röhre voll mit wippenden älteren Herren und ein paar jüngeren Damen. Veteranentreff, so zu sagen. Ja, und nach „Born Too Late“ war dann eben Schluß. Auf der Herrentoilette tagte nach dem Konzert noch die inoffizielle Arbeitsgruppe „Style und Schlagzeug“: „Der Schlagzeuger war legendär daneben. Aber hast du das Geschwür an seinem Hals gesehen?“, „Egal, der hatte die gleiche SM-Gesichtsmaske wie Pungent Stench 1996. Rult völlig.“, „Vitus, Alter.“
Apropos alte Hasen: Vorneweg spielten Unbound aus Stuttgart, mit dem bezaubernden Brüllwürfel Marshl am Mikrofon. Der zeigte auch gleich sein St. Vitus Tattoo auf dem Topmodelkörper. Die Musik wiederum bollerte wie Crowbar und Pantera und fast wie Down. Doomcore heißt das. Gefangene werden woanders gemacht.
St. Vitus