Freiboiter Interview zur Bandauflösung

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Traurig, aber wahr – die Streetpunks Freiboiter werden in Zukunft im Hafen bleiben. Nach 13 Jahren Kaperfahrt ist das Aus jetzt gekommen.  Frontmann Korbi, die Gitarristen Micha und Heiko, Bassist Hans und Drummer Hahn haben sich entschieden, das Schiff erstmal im Hafen zu lassen. Am Samstag haben sie ihr vorerst letztes Konzert im Beat!Club gegeben. Ob wir sie nie wieder auf der Bühne sehen werden, steht in den Sternen. Grund genug, die Stuttgarter Band zu ihrer 13-jährigen Bandgeschichte zu befragen.

Die Oi- und Streetpunk-Fangemeinde muss in Zukunft ohne die Freiboiter auskommen. Warum?

Korbi: „Jobmäßig hat’s bei einigen einfach nicht mehr funktioniert. Das war mit der Band nicht mehr zu vereinbaren.“
Heiko: „Ich wohne schon seit längerem wegen meines Jobs in Bonn. Die Fahrerei war ziemlich stressig.“
Hahn: „Ich mache neben der Arbeit ein Fernstudium. Das geht wahnsinnig viel Zeit drauf.“
Micha: „Wir haben in letzter Zeit schon ziemlich viel mit Gastmusikern gespielt. Das ist schon ok, das sind klasse Leute, und es macht auch Spaß. Aber wir proben halt fast nie zusammen. Auf Dauer geht das als Band nicht.“
Korbi: „ Schade eigentlich, dabei hätte es jetzt aufwärts gehen können. Wir haben seit neuestem mit Muttis Booking eine spitzen Booking-Agentur. Aber wir mussten uns überlegen, ob das so weitergehen soll. Und wir haben uns entschieden, einen Schlussstrich zu ziehen.“

Ihr treibt schon seit fast 13 Jahren Euer Unwesen. Wie hat alles angefangen?

Korbi: „Oh je, da waren wir gerade mal 15 Jahre alt. Kleine Skins in Stuttgart-Weilimdorf. Da war die Auswahl an guter Musik knapp, wir hatten ein paar bespielte Musiktapes, und das war’s dann auch. Wir wollten einfach Musik für uns machen. Den Spirit wiedergeben, den die Musik verkörpert und Spaß haben. Unser erstes Konzert hatten wir 1996 mit der „schlechten Bilanz Demotape Party“ im Holzhaus in Stuttgart-Freiberg.“

Habt Ihr auch nur halbwegs dran gedacht mit Eurer Musik irgendwie Erfolg zu haben?

Korbi: „Quatsch, wir wollten Freibier und haben davon geträumt, irgendwann mit unseren eigenen Helden auf einer Bühne zu stehen.“
Heiko: „Ehrlich gesagt haben wir nicht wirklich viel nachgedacht. Wir haben’s einfach gemacht.“
Korbi: „Sowas wie ein Konzept ist erst entstanden, als Micha in die Band kam.“
Micha: „Damit gerechnet haben wir zwar nicht, aber der Erfolg kam. Wir haben Shows in ganz Deutschland gespielt und auch im Ausland. Beispielsweise in der Schweiz, Frankreich, Italien, Österreich und Irland.

Ihr bezeichnet Eure Musik gern als „Antifascist Oi“. Ist das nicht ein Widerspruch? Oi-Punk ist doch eigentlich unpolitisch?

Micha: „Stimmt, außer den Stage Bottles und in den letzten Jahren Loikaemie, fällt mir auf Anhieb keine andere Antifa-Streetpunk-Band aus Deutschland ein.“
Hahn: „Als wir angefangen haben Musik zu machen, war Oi die Grauzone. Da waren dann eben auch Leute auf Konzerten, die da nichts zu suchen haben. Wir wollten von Anfang an ein Zeichen setzen und Stellung gegen rechts beziehen.“
Korbi: „Wir wollten einfach nicht jeden Penner auf unseren Konzerten haben. Wir haben als Band ja auch eine Verantwortung.“
Micha: „Ich kann mich noch erinnern, dass einige unser erstes Shirt scheiße fanden, weil „Antifascist Oi“ draufstand.

Für wen macht Ihr Eure Musik? Für die Szene oder auch für Andere?

Hahn: „Wir wollen natürlich auch über den Tellerrand rausschauen. Wir wollen mehr Leute erreichen, nicht ausschließlich die Szene.“
Korbi: „Wir wollen einfach individuelle, coole Leute bei unseren Konzerten. Ich will nicht, dass da uniformierte Fans in der ersten Reihe stehen.“
Heiko: „In Stuttgart gibt es sowieso auch keine so abgeschlossene Szene. Da sind viele recht unterschiedliche Leute dabei.“
Micha: „Konzerte in Jugendzentren sind klasse, ich mag es aber auch in kommerzielleren Clubs zu spielen. Da kommt ein gemischteres Publikum und unser Antifa-Statement wird über die Grenze der Szene hinaus wahrgenommen.
Hahn: „Wir machen keine Musik, um möglichst viele zu erreichen. Wir freuen uns aber, wenn wir das mit dem tun, was wir zu sagen haben.“

Ihr habt 13 Jahre lang live gespielt. Mit welchen Bands hat es Euch besonders Spaß gemacht?  Gibt es jemanden, mit dem Ihr gerne mal ein Konzert gemacht hättet?

Micha: „Wir haben eigentlich mit allen geilen Bands gespielt. Cock Sparrer, The Oppressed, Los Fastidios, Lokalmatadore, Lurkers, The Movement, Peter And The Test Tube Babies, Klasse Kriminale, Stage Bottles, Sham 69, UK Subs. Manche sind echte Freunde geworden.
Korbi: „Ich hätte gern mal mit Gotthilf Fischer und seinen Fischer-Chören gespielt. Und mit Ville Vallo natürlich.“
Hahn: „Wir haben leider ein großes Ziel verpasst – einen Auftritt im ZDF-Fernsehgarten.“

Was waren Eure persönlichen Höhepunkte als Live-Band?

Micha: „Vor 600 Leuten mit Oppressed in Berlin.“
Hahn: „Das Rudeboy Unity Festival 2005 in Genf.“
Heiko: „Definitiv der 1. Mai 2006 in Berlin. Ich erinner mich aber auch gern an die vielen kleinen Konzerte. Die darf man nicht vergessen.“
Korbi: „Wir hatten überall unseren Spaß. Der Hammer war aber, wenn Leute auf Festivals gekommen sind, um uns wieder zu sehen. Da fühlt man sich geehrt. Das ist mir besonders im Gedächtnis geblieben.“

Gibt es in Eurem Leben noch andere Musik außer Oi-Punk?

Heiko: „Ich steh auf deutschen HipHop, 60s-Soul und natürlich Hardcore.“
Korbi: „Außer Punkrock höre ich Northern Soul und 60s-Beat.“
Hahn: „Und außerdem ist Korbi ein riesengroßer HIM-Fan. Er ist quasi der Ville Vallo of Oi… Ich höre Motörhead, Tina Turner, Reggae und Motown.“
Micha: „Hardcore, Metal, Ska, HipHop und Soul.“

Wie sieht das Leben nach der Band aus? Macht Ihr weiter Musik?

Alle: „Erstmal heißt es: Alkohol und Depression.“
Korbi: „Das ist wie 13 Jahre Ehe, das steckt man nicht so einfach weg. Ob und wie es musikalisch weitergeht, wird sich zeigen.“
Micha: „Ich werde sicher weiter Punkrock machen, dann eben mit einer anderen Band.“
Hahn: „Ich mach jetzt erstmal mein Fernstudium fertig. Dann schau ich, wie es weitergeht.“
Heiko: „Ich bin jetzt endlich bereit für meine Karriere als Singer/Songwriter mit Akkustik-Klampfe.

Werden wir Euch nach Eurem Abschluss-Konzert im Beat!Club defintiv nie wieder sehen können?

Korbi: „Sag niemals nie.“

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