LOS SANTOS, 26.05.2017, Goldmark’s, Stuttgart

LOS SANTOS, 26.05.2017, Goldmark’s, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Es ist halb acht abends und am Charlottenplatz brennt die Luft über dem Asphalt. Der Sommer gibt sich ein erstes Stelldichein und der Liegestuhlplatz im Biergarten des Goldmark’s ist in diesem Moment wahrlich nicht der schlechteste Platz in der Hitze der Stadt, während man sich am Palast vermutlich gegenseitig auf die Füße tritt. Und langsam füllt sich dieser urbane, von Sichtbeton geprägte Ort. Alles wirkt entspannt, man scheint sich durchaus hängen zu lassen an diesem Brückentag Ende Mai.

Die Temperaturen sind jedenfalls ideal für „Los Santos“. Das klingt nicht nur nach Sommer, Sonne, Sonnenschein und wenn die Unterführung des Charlottenplatzes in diesem Moment nicht den Fotografen des Abends mit söhnlicher Begleitung ausspucken würde, könnte es gut sein, im Halbschlaf in eine Szene aus GTA V abzugleiten. Die Musik, welche die Stuttgarter Band „Los Santos“ heute im – für die Rahmenbedingungen „Sommer“ und „langes Wochenende“ ordentlich gefüllten – Goldmark’s könnte man sich durchaus als Hintergrundmusik in dieser Zocker-Serie vorstellen.

LOS SANTOS, 26.05.2017, Goldmark’s, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Stefan Hiss (Gesang/Akkordeon/Orgel), Joscha Brettschneider (Gitarre) und Bernd Öhlenschläger (Schlagzeug) scheinen ihr Bühnenoutfit optisch auf die Temperaturen eingestellt zu haben und präsentieren sich an diesem Abend nicht im Space-Look (aktuelles Album: „Space Rangers“), sondern als irdische Vertreter des Western-Genre. Thematisch bleibt Stefan Hiss bei seinen Ansagen im Stile eines Conférencier ganz bei der Weltall-Thematik. Und so sind jene Songs das Gerüst des umfangreichen Sets: „Tiny Space Man“, „Interstellar Love“, „Raumpatrouille“ oder „Space Girl“. Sound und Stil sind geradezu perfekt für eine laue Sommernacht in einem Club – nicht zu hektisch, nicht zu experimentell, aber immer flott und beständig groovend mit einem Schuss Lässigkeit, sodass (ohne es gehässig zu meinen) man sich „Los Santos“ auch fast an einem Sonntagnachmittag im Kurpark Bad Liebenzell vorstellen könnte.

LOS SANTOS, 26.05.2017, Goldmark’s, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Lässig nehmen es die Musiker allerdings überhaupt nicht. Man merkt, dass hier Profis auf der Bühne stehen, die ihr Handwerk seit vielen Jahren oder Jahrzehnten beherrschen. Stefan Hiss bedient treffsicher und stetig den Bass des Akkordeons und setzt mit seiner wohligen, sonoren Stimme den Grundton des Abends. Dieser passt hervorragend zum Country- und Western-Sound, der zunehmend das Publikum in Schwung versetzt und bei „Ghost Riders In The Sky“ seinen Höhepunkt erreicht. Aber auch Joscha Brettschneider trägt zu diesem runden und stimmigen Sound bei. Immer wieder nimmt er die Melodie des Akkordeons verspielt auf und zeigt an den passenden Stellen sein solistisches Können. Bernd „Don“ Öhlenschläger spielt einem Uhrwerk gleich, unaufgeregt und fast schon beängstigend präzise.

LOS SANTOS, 26.05.2017, Goldmark’s, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Der Aufbau eines 27 Titel umfassendes Konzerts muss gut durchdacht sein und so wird Sängerin Lucia Schlör bei mehr als der Hälfte der Songs zum Mittelpunkt des Bühnen-Kosmos. Ihre klare, relativ hohe Stimme ist ein wunderbarer Kontrast zur Stimme Stefan Hiss‘ und spätestens wenn sich diese beiden Stimmen vereinigen und der Blick zum wiederholten Mal auf das spacige Schuhwerk von Schlör fällt, erwarte ich, dass am Bühnenrand von oben ein Gitter herabgelassen wird, damit in echter Wildwest-Manier Flaschen und Gläser euphorisch nach vorne geworfen werden können. Aber vielleicht wäre das alles in allem doch auch ein wenig übertrieben, denn zugegebenermaßen wird es an kaum einer Stelle so wild wie in Bob’s Country Bunker im Film „Blues Brothers“. Das Raumschiff „Los Santos“ bewegt sich eher in sicheren Gefilden und durchfliegt ohne Turbulenzen die Galaxien der verschiedensten Tanzstile wie Bop, Twist und Rumba, bis es alle Gäste zufrieden auf dem Heimatplaneten wieder absetzt.

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