RANTANPLAN, 03.02.2017, Universum, Stuttgart

RANTANPLAN, 03.02.2017, Universum, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Als ich die Hamburger Band Rantanplan für mich entdeckte, es muss so Ende 1999/Anfang 2000 gewesen sein, war ich sofort Fan. Wieso auch nicht, da war alles dabei was mich musikalisch ansprach: Ska. Punk. Zwei Typen von …But Alive spielen mit. Das aktuelle Album wurde von Rodrigo González produziert. Drückende Bläsersätze, fette Gitarren. Count me in!

Und trotzdem hat es über ein Jahrzehnt gebraucht bis ich die Band vor ein paar Jahren zum ersten mal Live sehen konnte. Seit dem sind Rantanplan aber regelmäßig zu Gast in den Stuttgarter Clubs. Große Vorfreude also auf einen Freitag Abend mit guten Freunden, guter Musik und ein paar Bieren.

RANTANPLAN, 03.02.2017, Universum, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Zu Start dürfen die drei jungen Menschen von 8Kids ihren sicher nicht einfachen Job als Vorband erledigen. Das Universum ist zu diesem Zeitpunkt noch sehr locker gefüllt und vor dem Eingang zum Raucherbereich ist es drängeliger als vor der Bühne. Aber man verpasst auch nicht wirklich was. 8kids spielen Post-Hardcore im Stile von Marathonmann oder Fjørt, nur leider nicht annähernd so gut wie die genannten Beispiele. Als bei einem Song ein paar Synthieflächen im Hintergrund eingespielt werden, klingt es wie wenn Casper der Sänger von Linkin Park wäre. Dieser Gedanke bringt mich zum Lachen und um die Zeit bis zum Auftritt von Rantanplan zu überbrücken hole ich mir lieber noch ein Bier. Im Universum wird ja Astra ausgeschenkt, das passt heute ganz wunderbar.

Es gibt so Musikgruppen, die mehr Bande sind als Band und Rantanplan gehören definitiv in diese Kategorie. Die Band gibt es ja auch schon seit 22 Jahren. Seit Reimer Bustorff und Marcus Wiebusch sich 2001 aufmachten, um mit Kettcar andere musikalische Regionen zu ergründen, gab es immer wieder Umbesetzungen. Die jetzige Formation spielt so seit 2009/2010 zusammen und nur noch Sänger und Gitarrist Torben Meissner ist als Gründungsmitglied mit dabei. Aber trotzdem scheint es so, als seien da fünf Freunde unterwegs, die zusammen durch dick und dünn gehen. Die Optik gehört hier sicher auch dazu, das schwarze Fred-Perry-Polohemd ist für alle Bandmitglieder Pflicht.

RANTANPLAN, 03.02.2017, Universum, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Und dann geht es los. Vom ersten Moment an ist die Band da und vom ersten Moment ist auch das Publikum da. Weder hanseatische noch schwäbische Zurückhaltung auf der einen wie anderen Seite. „Natural Born Altona“, „Alles wird Pop“, „Peking Bordell“, ”Zombie Ché“, „Comandante“. Erst nach dem fünften Song wird ein erstes mal das Wort ans Publikum gewandt, aber nach einem kurzen „Hallo“ geht es auch schon weiter. Keine Verschnaufpause. Außer zwischenrein mal kurz an den Tresen. Bei all der Bewegung und dem Schwitzen darf man nicht dehydrieren, also schnell noch ein Astra. Aber die Halle ist so angenehm gefüllt, dass man ohne Probleme schnell mal vom Schubskreis vorne an den Tresen und wieder zurück kommt.

Die Band spielt wie die sprichwörtlich gut geschmierte Maschine und der ganz Saal tanzt und singt und feiert genau so wie die Band auf der Bühne. Allen voran Posaunist Gero Graas der, wenn er nicht in sein Instrument bläst, fast alles als Background-Sänger mitsingt, egal ob er gerade ein Mirko vor sich hat oder nicht und auch sonst ein ziemlicher Aktivposten auf der Bühne ist. Oder davor, bei Ausflügen durch’s oder über’s Publikum. Ja, es war zwar bei weitem nicht ausverkauft, aber doch voll genug, dass es zu Crowdsurf-Versuchen kam. Ein Besucher stellte sich bei seinem „Sprung“ von der Bühne aber so an, dass Sänger Torben diesen nicht unkommentiert lassen konnte und den „schlechtesten Stagedive der Tour“ ausrief.

Bei einem Konzert Titel zu brüllen, die ganz offensichtlich eh noch gespielt werden, hat sich mir ja noch nie ganz erschlossen. Und so wird der Rufer, der das „Unbekannte Pferd“ (eigentlich ein Funny van Dannen-Song) fordert, um Geduld gebeten und stattdessen kommt erstmal noch ein anderes Cover: Jan Delays „St. Pauli“. Das haben Rantanplan in einer eigenen Version neu aufgenommen bzw. aufnehmen müssen, damit es dem Stadtteil, ihrem Stadtteil, gerechter wird. Räudiger und rotziger als bei Herrn Eisfeld. Von den räudigen Kassierern wird auch mal kurz ein Song angespielt („Das schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“). Das erinnert mich an was, schnell nochmal zum Tresen. „Anitfaschistische Bierzeltmusik“ nennen Feine Sahne Fischfilet leicht ironisch ihre Musik und das wäre auch für Rantanplan keine falsche Bezeichnung. Aber ganz ehrlich, wenn es in den Bierzelten so wie hier zugehen würde, würde ich vielleicht auch mal wieder auf’s Volksfest gehen.

Foto: Michael Haußmann

Das „Unbekannte Pferd“ kommt dann ja doch noch angetrabt und mit der Ballade über die unbesungenen kleinen Helden des Hafenalltags („Schlepper“) geht das Set zu Ende. Aber gefühlt keine Minute später ist die Band schon wieder auf der Bühne um uns mit fünf weiteren Songs in die Nacht zu schicken.

Am Ende wird dem noch immer spielenden Schlagzeuger Marlon Fertinger vom Rest der Band das Drumset Stück für Stück abgebaut und er mitsamt seiner Trommeln rausgetragen. Und auch wir tragen uns raus, glücklich und verschwitzt und etwas heiser. In Hamburg sagt man tschüss. Bis zum nächsten mal.

8kids

Rantanplan

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