EA80, KLOTZS, 19.11.2016, Komma, Esslingen

Konzertbericht: EA80 19.11.2016, Komma Esslingen (Text: Sabine, Fotos: X-tof Hoyer)

Foto: X-tof Hoyer

Alle Geschichten sind erzählt
Sicher werden wir uns noch mal wiedersehen

heißt es in meinem EA80-Lieblingsong „Auf Wiedersehen“. Dies hatten EA80 als letztes Stück gespielt, als ich vor vielen Jahren gerade in den Saal eines Jugendzentrums kam. Das Wiedersehen wird es heute geben, ich hole nach, was ich damals verpasst habe. Heute bin ich pünktlich.

„Das ehrt Euch, dass ihr denkt, ach komm, geben wir den alten Herren heute eine Chance“ sagt EA80-Sänger Junge zum Publikum. Ein Abend der alten Herren also. Das Komma ist heute sehr voll (schätzungsweise ausverkauft, was sehr zu wünschen wäre), bunt gemischtes Publikum, bevorzugt wird schwarz getragen. Irokesenschnitt ragt in die Höhe. Konzerte der Mönchengladbacher Punk-Band sind im süddeutschen Raum eher eine Seltenheit, wie ich zu hören bekomme. Die eigene Promo ist zurückgenommen, eine Facebookseite gibt es nicht. Auf der in schwarz gehaltenen Bandhomepage steht einfach nur in weißen Buchstaben „EA80“. Anzuklicken gibt es nichts. Dafür gibt es eine inoffizielle Fanpage. Das ist jetzt nicht mal Geheimniskrämerei, EA80 waren immer da und ziehen ihr Ding durch. Gespielt wird überwiegend in autonomen Jugendzentren.

Konzertbericht: KLOTZS, 19.11.2016, Komma Esslingen (Text: Sabine, Fotos: X-tof Hoyer)

Foto: X-tof Hoyer

Klotzs, die erste Band des Abends, war mir bis dato unbekannt, trotz musikalischer Bandverbindungen zu EA80.
Ich werfe nach den ersten Takten auch gleich den Gedanken über Bord, dass es sich hoffentlich nicht um ein Duo handelt, bei dem nur gedroschen wird und die Songs in einer Monotonie dahinfließen. Ganz im Gegenteil, einfach mal die eigene Schublade geschlossen halten. Das erste Stück „Fliehkraft“ erzeugt dermaßen eine Druckwelle. Die zwei Herren spielen mit einer Wucht, mehr als Schlagzeug und (Bariton-)Gitarre wird auch nicht benötigt. Das bekommen manchmal Bands in voller Besetzung nicht hin. Dafür gibt es das Arsenal an Effektgeräten. Der Sänger erkundigt sich beim Publikum, ob mit der Lautstärke alles in Ordnung ist, um den Song „Schafe zählen“ einzuleiten. Bei dem Tempo ist an Schlaflosigkeit nicht zu denken. Das Publikum wird in Augenschein genommen. In kommunikativer Zugewandtheit wird das Gemurmel im Publikum angesprochen oder, wie es bei Klotzs heißt, „Als Hinweis in eigener Sache“.

Nassgeschwitzt kommt der Sänger immer wieder nach vorne an den Bühnenrand und steigt für einen der letzten Songs runter ins Publikum, einige Leute werden von ihm angesungen. Nach den sehr druckvollen Momenten kann auch die Band selbst bei ihren ruhigeren Songs etwas verschnaufen. Was man bei Noise/Punk halt so als ruhig bezeichnen kann. Fazit nach Klotzs: viel Energie, bisschen irre, aber gut.

Schön ist es, wenn nicht immer alles glattgebügelt ist. EA80 weisen auf kleine Detailveränderungen in ihrer Besetzung hin. Sänger Junge geht in Charmeoffensive, falls es zu groben Schnitzern kommen sollte. Was passiert, wissen sie selber nicht. Anfänglich noch Kopfnicken, hat sich nach den ersten Songs eine Pogo-Traube gebildet. Ganz nah vor der Bühne streckt ein Fan die ganze Zeit seine Arme in die Höhe. Das hat echt Ausdauer, so vor Freude anbetungswürdig scheint die Band für ihn zu sein. Die heimelige Beleuchtung, das warme Licht der Lichterkette bilden einen Kontrast zu der musikalischen Energie, an der uns EA80 teilhaben lassen. An manchen Stellen driftet der Takt kurz auseinander, aber die Musiker finden stets wieder zusammen. Wie geht es den eigentlich dem Fotografen X-tof so da vorne?

Konzertbericht: EA80 19.11.2016, Komma Esslingen (Text: Sabine, Fotos: X-tof Hoyer)

Foto: X-tof Hoyer

„Ein Tag an meinem Fenster“, „200 Meter und danach“, „Was ist geblieben“, es werden sehr viele Perlen der 36-jährigen EA80 Diskografie gespielt. Eins ist ihnen gemeinsam, die Songs sind mehr als Drei-Akkorde, Punkbretter für Pogo und Dosenbier; dazu lädt die Musik zwar auch ein. Und wer sich „Junge“, „Oddel“ und „Hals Mauls“ nennt, mit denen ist es sicher auch interessant, ein oder mehrere Biere zu trinken. Irgendwie sind dann EA80 mehr die Punk-Poeten. Zeilen wie „Das Gefühl durchstößt mein Herz/Es ist so, als ob alles wiederkehrt/Nur diese Richtung bleibt noch übrig/Der Weg zurück und kein Gedanke mehr“ werden hier ganz ohne klebrigen Pathos mit der tiefen kehligen Stimme von Sänger Junge gesungen.
Wenn man die Gelegenheit hat, Klotzs/EA80 Konzerte lohnen sich immer!

EA80

Klotzs

2 Gedanken zu „EA80, KLOTZS, 19.11.2016, Komma, Esslingen

  • 24. November 2016 um 08:45 Uhr
    Permalink

    Hier gibt’s Junges Charmeoffensive im Originalton:
    https://www.youtube.com/watch?v=ZdKW7mSos80
    Das Konzert war zwar gut, wäre mit Nico an der Trommel wohl besser, länger und mit Zugaben gewesen. Andererseits hätte das Konzert auch gecancelt werden können, insofern war es gut, dass Herr Pech von Klotzs einspringen konnte, bevor man wieder Jahre oder Jahrzehnte auf einen EA80-Gig warten muss.

  • 24. November 2016 um 14:03 Uhr
    Permalink

    War den Tag vorher in Nürnberg. Da haben sie auch nicht länger gespielt. Gefühlt eher kürzer und nicht mit so viel Energie. Fand das Konzert eines der besten bisher.

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