WOLF ALICE, GENGAHR, 01.09.2016, Keller Klub, Stuttgart

WOLF ALICE, GENGAHR, 01.09.2016, Kellerklub, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

Als ich eine Stunde vor teilweise angekündigtem Beginn am Keller Klub ankomme, spielt Wolf Alice schon. Glaube ich zumindest, denn ich meine eine Frauenstimme zu hören. Unten angekommen merke ich, dass ich falsch liege. Die Stimme des Gengahr Sängers Felix Bushe ist nur einfach sehr hoch und mit soviel Hall versehen, dass man seine Sprechstimme kaum mehr wiederfindet wenn er singt.

Gengahr ist namentlich an das Psycho Pokemon Gengar angelehnt. Und genau so klingt die junge Band aus London: Gengahr macht Psycho Pop. Oft vermischen sich die einzelnen Instrumente zu einem einzigen Klangkonstrukt. Auch beim Gesang geht es weniger um die Texte als um die Melodien. Dennoch schafft es die Band durch ständiges hervorheben eines Instrumentes den Gesamtklang sehr fokussiert zu halten. Auch die Basslines, vornehmlich aus Einzeltönen, tragen hierzu bei. Wirkliche Hooks gibt es bei Gengahr nicht, trotzdem bleibt die Musik das komplette Konzert über interessant und kurzweilig. Der Groupieauflauf bei den Jungs von Gengahr am Merchstand macht deutlich, dass dies keine klassische Supportband ist. Das Konzert selber beweist dies auch.

WOLF ALICE, GENGAHR, 01.09.2016, Kellerklub, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

Für Wolf Alice gilt es auch in Stuttgart einen Ruf zu verteidigen, denn die Band ist mittlerweile mit Auszeichnungen überschüttet. Allem voran eine Grammy Nominierung für die beste Rockperformance und der NME Award als beste Liveband. Die Ambitionen sind hoch, denn während dem kompletten Soundcheck wird sich im Backstage warmgesungen und getrommelt. Nicht umsonst.

Von der ersten Sekunde ist Wolf Alice unglaublich präsent und auch präzise. Weder Band noch Publikum brauchen eine Anlaufphase. Gleiches gilt für den Ton. Sehr sauber gemischt und vor allem mit gut gepegeltem Bass (momentan gerade bei ‚Hypebands’ nicht selbstverständlich), selbst wenn dieser gezerrt gespielt wird. Mit dem ersten Lied zieht die ebenfalls aus London stammende Band den kompletten Keller Klub in den Bann. Das Wolf Alice Rezept für Songwriting besteht aus einem sehr markanten Riff pro Song welches sich komplett durchzieht und von den anderen Instrumenten, inklusive Gesang, lediglich begleitet wird. Strophe, Refrain und Zwischenteile verschwimmen, einzelne Songteile werden immer wieder verschleppt. Insgesamt kreieren sie ohne viel Aufwand eine unglaubliche Dynamik. Nach den Liedern ist der Applaus fast schon verhalten; man will nicht stören. Aber wenn dann mal eine Ansage kommt wird der Applaus deutlich offensiver.

WOLF ALICE, GENGAHR, 01.09.2016, Kellerklub, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

Wiedererkennungswert erhält Wolf Alice besonders durch den Gesang. Dies ist aber nicht nur der oft rotzige Leadgesang von Ellie Rowsell. Die beiden Jungs neben ihr, Joff Oddie und Theo Ellis, steuern die Backingvocals bei. Mal rotzig, mal gehaucht, aber immer konträr und perfekt abgestimmt zu dem von Rowsell. Eine Reihe weiter hinten sitzt Joel Amey und doppelt oft die Leadstimme. Erstaunlicherweise jedoch oft ein paar Töne höher. Spätestens damit wird die Frage ob nun eine Frau oder ein Mann oder wer auch immer singt eigentlich komplett egal. Ach ja, wenn Schlagzeuger Amey mal Samples braucht, macht er sie einfach selbst; mit dem Mund.

Wolf Alice wird also ihrem Ruf, den Erwartungen und wahrscheinlich auch den eigenen Ambitionen gerecht. Im Keller Klub begeistern sie heute sowohl Jung (erste Reihe und leuchtende Augen), als auch Alt (rund ums Mischpult: „Wo ist in diesem Schuppen denn die Toilette“, „Ach, süß! Ein Totenkopf, als Discokugel verkleidet.“). Wenn Wolf Alice das nächste Mal nach Stuttgart kommt, werden sie den Keller Klub als kleine Konzertlocation nicht mehr benötigen. Stuttgart selber allerdings schon, auch über Oktober hinaus. Deswegen heißt es Daumendrücken.

WOLF ALICE, GENGAHR, 01.09.2016, Kellerklub, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

Wolf Alice

Gengahr

3 Gedanken zu „WOLF ALICE, GENGAHR, 01.09.2016, Keller Klub, Stuttgart

  • 3. September 2016 um 10:57 Uhr
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    „Gleiches gilt für den Ton. Sehr sauber gemischt und vor allem mit gut gepegeltem Bass“

    Da war der gute Thomas Betten wohl auf einem anderen Konzert. Ich stand mittig Tanzfläche am Pfeiler. Katastrophe sonst nichts. Wird die Band mal lauter ist die Anlage überfordert oder es wurde schlecht gemischt. Am Mischpult selber is der Sound noch schlimmer wie bei vergangen Konzerten auch schon. Ich erinner da an Fjort. Vorne noch gut und mit Dampf hinten kommt nichts mehr an. Da hab ich mir die Mühe gemacht mich überall einmal hinzustellen. Das gleiche bei Wolf Alice. Gleiche Band mal in der Manufaktur in Schorndorf dann können wir von Sound sprechen.
    Nix für ungut, schöner Bericht und Band war ja wirklich gut.

  • 3. September 2016 um 15:15 Uhr
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    War ein tolles Konzert. Mir hats rundum gefallen.
    Guter Bericht und schöne Fotos. Vielen Dank.
    Vermutlich hast du recht und sowas wie der Kellerclub wird in Zukunft zu klein für Wolf Alice, was eigentlich schade ist. Denn irgendwie gehören sie genau in solche Clubs. Dicht am Publikum, düstere Atmosphäre, eingeengt auf der Bühne mit voller Wucht auf die Ohren.

  • 24. September 2016 um 01:16 Uhr
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    Den Klang in der Manufaktur mit dem im KellerKlub zu vergleichen finde ich dann doch recht abenteuerlich. Das sind einfach zwei komplett unterschiedliche Vorraussetzungen.

    Für die Vorraussetzungen im Keller fand ich den Sound gut gemischt. Es hat bei beiden Bands gut einen Song gedauert und dann konnte ich klar alle Instrumente und Gesänge ausmachen. Bei den ‚lauten‘ Passagen, würde ich sagen, haben die Gitarren der Band gewollt gezerrt. Und dass dann der Gesang mal etwas in den Hintergrund tritt finde ich gut und auch ganz normal.

    Aber Sound ist ja oft auch Geschmacksache. Wir treffen uns dann einfach bei Wolf Alice in der Manufaktur und genießen den hoffentlich optimalen Sound dort.

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