MARINA AND THE DIAMONDS, 29.02.16, Im Wizemann, Stuttgart

Marina and the Diamonds

Foto: David Oechsle

Draußen meldet sich der Winter mit eisigen Temperaturen und Schneefall zurück, drinnen im Wizemann stehen die Zeichen – zumindest andeutungsweise – auf Sommer, Neonfarben und Partylaune. Im Dezember musste das Marina-and-the-Diamonds-Konzert in Stuttgart ausfallen, am heutigen Schalttag wird es, wie angekündigt, nachgeholt.

Am reich gedeckten Merchstand gleich rechts vom Eingang werden allerlei farbenfrohe Tour-Souvenirs angeboten, natürlich schön kitschig und passend zum aktuellen Album „Froot“. Der Andrang ist schon vor Konzertbeginn groß, knapp zwanzig Minuten Anstehzeit muss man rechnen. Es gibt eine üppige Auswahl an T-Shirts mit Obst-Motiven, verschiedene bunte Armbänder, Hotpants mit passendem Oberteil, ein Sweatshirt zum stolzen Preis von fünfzig Euro, „Froot“-Taschenspiegel für fünf Euro, dazwischen sind unverkäufliche Plastikfrüchte als Tischdeko drapiert.

Das Publikum ist gemischt und erstaunlich alt. Wir haben hauptsächlich Mädchen im Teenageralter erwartet, die sind aber eher in der Unterzahl. Die eine oder andere Zuschauerin mit einem schwarzen Herz im Marina-Look auf der Wange ist dabei, ein weiblicher Fan trägt eine beleuchtete Plastikobstkrone. Neid von unserer Seite, sieht gut aus. Sonst eher unauffällige Outfits im Publikum. Das haben wir uns eigentlich ein bisschen glamouröser vorgestellt.

Das Konzert ist ausverkauft, die über tausend Fans verteilen sich erstaunlich gut im Saal, man kommt an der Seite bequem fast bis zur Bühne durch.

Über den Blog Popjustice bin ich 2008 auf Marina and the Diamonds aufmerksam geworden. „Obsessions“ war der erste Song, den ich von ihr gehört habe, damals noch mit schlichtem DIY-Videoclip. In der Nähe war Marina durchaus schon mal (der Kollege berichtete), direkt in Stuttgart allerdings noch nicht. Höchste Zeit also, die Waliserin mit den griechischen Wurzeln endlich mal live zu sein.

Marina and the Diamonds

Foto: David Oechsle

Um Punkt zwanzig Uhr geht’s los, eine Vorband gibt es keine, positiv, immerhin ist ja erst Montagabend, und die Woche ist noch lang. Marina hat ihr Set in drei Akte (so bezeichnet sie das später selbst) aufgeteilt, jedem der bisher erschienenen Alben ist einem gewidmet. Wir hören also zunächst Songs vom Debütalbum „The Family Jewels,“ das 2010 erschien.

Ein bisschen arg nüchtern erscheint mir die Bühne zu Anfang, kein Backdrop, keine Bühnendeko, ein einsamer blauer Luftballon hüpft über die Köpfe des Publikums. Dann Auftritt Marina, sie trägt ein hautenges rostrotes Glitzerkostüm und wird mit begeistertem Jubel begrüßt. Mit dabei hat sie eine vierköpfige Band, die sie den Abend über routiniert begleitet. Ihre Stimme ist von Anfang an kräftig und auf den Punkt, inklusive der charakteristischen, exzentrischen Schlenker.

In der Mitte des ersten Teils gehen dann auch die LED-Lichter im Hintergrund der Bühne an, schon viel besser. Gespielt werden neben „Obsessions“ auch „Mowgli’s Road“ und „I am not a Robot“ sowie „Oh No“ und „Hollywood“

Der zweite Teil fällt musikalisch etwas ab. Marina hat sich umgezogen und trägt jetzt einen Catsuit in Pink und Silber mit Trompetenärmeln. Von den Stücken aus dieser Phase, also vom zweiten Album „Electra Heart“ (2012), gefällt mir ehrlich gesagt nur „Primadonna“, das dafür aber wirklich sehr. Auf die brachialen David Guetta’eske Synthesizersounds darf wegen mir auch gerne verzichtet werden, hat der sehr gute Song doch gar nicht nötig.

Marina and the Diamonds

Foto: David Oechsle

Besonders gespannt bin ich auf Teil drei, da ich die neuesten Songs bisher zugegebenermaßen nur flüchtig gehört habe. Marina trägt inzwischen Kostüm Nummer drei, einen Superheldinnenanzug in Nachtblau, dazu eine Krone mit dem „Froot“-Schriftzug. Ihre Silhouette erinnert ein bisschen an die amerikanische Freiheitsstatue, womöglich Absicht. Das Schlagzeug ist für meinen Geschmack sehr laut und dominant und auch die gesamte Rockband-Instrumentierung finde ich auf Dauer ein bisschen zu grobschlächtig. Könnte gerne etwas zurückgenommener sein. Von den neuen Stücken sind „I’m a Ruin“ mit dem Video im Kate-Bush-Look und die Ballade „Happy“ meine Favoriten und auch das Cyndi-Lauper-Cover „True Colors“ ist gut ausgewählt und passt exzellent zu Marinas Stimme. Zum letzten Song „Blue“ kommen dann von irgendwoher noch ganz viele blaue Luftballons. Exakt um halb zehn ist die Show inklusive Zugaben vorbei.

Um ehrlich zu sein, bin ich ein größerer Fan der frühen Marina (wie hier z.B. etwas obskurer mit Chilly Gonzales), der schöne kommerzielle Erfolg sei ihr aber gegönnt. Immerhin nennt sie Britney Spears ganz unironisch als wichtiges Vorbild und peilte von Anfang an die richtig große Pop-Karriere an. Britney hat sie inzwischen auch persönlich getroffen, wie ein sehr sympathisches Fanfoto auf Twitter zeigt.

Nicht das magischste Popkonzert, auf dem ich je war, aber ein sehr ordentliches.

Marina and the Diamonds

Foto: David Oechsle

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