DIE ORSONS, 25.09.2015, Im Wizemann, Stuttgart

Die Orsons

Foto: Steffen Schmid

Als die ersten Klänge der Wasen-Stimme des Intros von „Schwung in die Kiste“ aus den Boxen erklingen, gibt es kein Halten mehr in der ausverkauften Halle. Ein kurzes „Bin gleich wieder da“ zu meinen beiden Begleitern und schon befinde ich mich mitten in der tobenden Menge, in der sich sofort ein ordentlicher Moshpit bildet. Vier Minuten Ekstase inklusive Outro, bei dem einfach weiter gepogt wird, eine sehr glücklich wirkende Band, Beifall, Ende.

Rückblick in das Jahr 2013 beim Festival „First We Take Berlin“: Ich bekomme die letzten zehn Minuten des Orsons-Sets mit und bin entsetzt. Die Reime fand ich eher bemüht und überhaupt die ganze Attitüde dieser vier Jungs peinlich. Na super, und das soll die neue Hip-Hop-Generation aus Stuttgart sein? Ohne mich, abgehakt, brauch ich nicht.

Mai 2015: Rückfahrt von einer Wochenend-Tour durch die Schweiz und Liechtenstein – Müdigkeit macht sich im Auto breit, bis auf einmal ein gepitchtes Öttinger-Sample aus den Auto-Boxen dringt und das neue Album der Orsons zwei Mal hintereinander durchgehört wird. Witzige, ironische Texte gepaart mit teils großartigen Sounds – klingt interessant, höre ich oft, gefällt mir.

Tristan Brusch

Foto: Steffen Schmid

Mit diesen beiden gegensätzlichen Eindrücken gehe ich in diesen Abend. Dazu noch die neue, heiße Location „Im Wizemann“, die Kollege Holger schon sehr gut beschrieben hat, das lässt die Spannung steigen. Bei der Einlasskontrolle bekomme ich gesagt, dass ich meinen Ausweis parat halten solle, man nimmt mir aber schließlich auch ohne einen Blick auf das amtliche Dokument ab, dass ich meine Volljährigkeit erreicht habe. Dank Twitter hatte ich schon in der Schlange zum Einlass erfahren, dass der Support-Act Tristan Brusch bereits supportet und später erfahren, dass das Gros des Publikums dies nicht unbedingt gut hieß. Falls er darüber enttäuscht war, ließ er sich das später als Gitarrist bei den Orsons nicht anmerken – muss man auch erstmal schaffen!

Die Orsons

Foto: Steffen Schmid

Auftritt die Orsons – zum Titelsong des Albums „What’s goes“ kommen Bartek, Kaas, Maeckes und Tua nacheinander auf die Bühne und zeigen sofort, in welche Richtung dieser Abend sich bewegen soll: nach vorne! Der erste Titel ist vorbei, die vier verabschieden sich, gehen von der Bühne, das Publikum schreit Zugabe, der erste kleine Gag ist einigermaßen gelungen. Die Songs der beiden Vorgänger-Alben höre ich alle zum ersten Mal und muss sagen, dass die neuen insgesamt etwas druckvoller wirken, etwas mehr auf Hooklines ausgerichtet sind, bei denen man schon viel Mühe aufwenden muss, um nicht in Bewegung zu geraten – da gelingt es ironische und witzige Texte in hitverdächtiges Gewand zu kleiden. Bei den Stücken der ersten beiden Alben ist der Großteil des Publikums dann aber auch textsicher, sodass es gelingt, die Spannung insgesamt hoch zu halten.

Die Orsons

Foto: Steffen Schmid

Es macht großes Vergnügen, den Vier bei ihrer Show zuzusehen und zu beobachten, wieviel Spielfreude sie auf die Bühne bringen. Zum runden und druckvollen Sound tragen auch die Musiker im Hintergrund wesentlich bei: Der schon erwähnte Tristan Brusch an der Gitarre, DJ Jopez und vor allem der sehr präzise spielende Schlagzeuger Wilhelm „Will“ Belgart. Zwischendrin (so z.B. beim Song „Chilln“) tritt die Sängerin Jasmin Shakeri als Verstärkung mit auf oder spielt Maeckes ein Stück seines Soloprojekts auf der Akustikgitarre.

Die Orsons

Foto: Steffen Schmid

Die Folge der Songs und der gesamte dramaturgische Aufbau des Konzerts sind dabei clever durchdacht. Bei insgesamt beinahe zwei Stunden kommt zu keinem Zeitpunkt Langeweile auf, im Gegenteil, ich fühle mich bestens unterhalten. Den vier Jungs gelingt es, meinen Eindruck unseres ersten Aufeinandertreffens in Berlin vollständig zu revidieren. Sie vermitteln den Eindruck als hätten sie schlicht und ergreifend richtig viel Spaß an diesem Abend und zusammen mit dem gut gelaunten Publikum ergibt sich daraus eine sich immer weiter steigernde Wechselwirkung. Auch die Einlagen zwischen den Songs wirken nicht aufgesetzt, sondern passen zum ganzen Konzept des Abends: Dem Neffen wird zum Geburtstag gratuliert und das Pulikum aufgefordert „Happy Birthday“ zu singen; bei „Tornadowarnung“ wird ein Bierpreis verliehen; in kleinen Pausen werden verschiedene Samples abgespielt oder der ganzen Band Getränke gereicht; dazu immer wieder Kommentare im schwäbischen Slang – so funktioniert die Bindung des heimischen Publikums.

Die Orsons

Foto: Steffen Schmid

Nach „Abschiedsparty“, dem für Hip-Hopper wohl obligatorischen „Unsere-Clique-ist-die-allerbeste-aber-jetzt-müssen-wir-feststellen-dass-sich-alles-verändert-„Song, folgt der Zugabenblock, bis schließlich sämtliche über den Abend aufgebaute Energie sich mit extrem viel Schwung entlädt und es auf sowie vor der Bühne kein Halten mehr gibt. Die Kischde als Abschluss eines äußerst gelungenen Gesamtpakets.

Die Orsons

Foto: Steffen Schmid

Die Orsons

Tristan Brusch

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