DR. ALEKS & THE FUCKERS, 30.04.2015, Dilayla, Stuttgart

Dr. Aleks and the Fuckers

Foto: X-tof Hoyer

Guten Abend! Wir sind Dr. Aleks and the Fuckers! Die Band mit dem Pimmel!

Ja, den Tanz in den Mai kann man so oder so gestalten. Derb wie die Trachten-Deppen auf dem Frühlingsfest, derber bei Rainer von Vielen und Orange in den Wagenhallen. Oder halt am allerderbsten. Mit Dr. Aleks und seiner Pimmelband. Und zwar im Dilayla. Dem Club, dem der Ruf anhängt, eine der berüchtigsten Absturz-Locations im Städtle zu sein. Warum sind wir eigentlich ausgerechnet hier gelandet?

Der wuchtige Dr. Aleks war mir beim Gig der Fanfare Ciocarlia inmitten der tanzenden Meute aufgefallen. Typ Kleiderschrank oder Türsteher, aber mächtig gut gelaunt und voll dabei. Am Ausgang verteilte er dann Flyer für die Tour seiner Band. Und da er eher so der Typ ist, bei dem man sich kaum traut, das angebotene Werbematerial zu ignorieren, haben wir von dieser Mai-Feier erfahren. Und natürlich war ich neugierig, wie sich das Dilayla, in dem ich noch nie vorher war und von dem die meisten nur sehr diffuse Geschichten voller Erinnerungslücken erzählen können, denn so als Konzert-Location macht.

Dr. Aleks and the Fuckers

Foto: X-tof Hoyer

Bevor es los geht, haben wir eine gute Stunde Zeit, das Ambiente zu genießen. Zum Warmup gibt’s Retro-Disco und Seventies Soul aus der Konserve. Und ja: dieser Laden – mit seiner goldenen Deckenverkleidung, den wulstigen Lederfauteuils in den Kuschelnischen, dem dicken Orientteppich, dem ganzen kojak-mäßigen Siebziger-Retro-Style könnte sich durchaus irgendwo in Downtown New York oder Chicago befinden. Aber auch in Istanbul, Sofia, Zagreb oder Moskau. Die Raucherlaubnis trägt ihr übriges zum nostalgischen Touch bei. Insofern: ein durchaus adäquater Rahmen für eine Balkan-Kapelle. Natürlich ist der Laden proppenvoll, schwitzig und total verqualmt, bevor es überhaupt los geht.

Dr. Aleks and the Fuckers

Foto: X-tof Hoyer

Und was sich dann in den nächsten knapp zwei Stunden ereignet, ist mit „Balkan-Party“ oder „Tanz in den Mai“ nur unzureichend beschrieben. Schon mit dem ersten Titel setzt sich die Meute in Bewegung und Dr. Aleks und seine Fucker tun alles, das sichtbar auf Party gebürstete Publikum ordentlich anzuschieben. Da die zur Bühne umgenutzte Ecke nur ca. fünfzehn Zentimeter hoch ist und der Frontmann als Drummer und Sänger seiner Arbeit im Sitzen nachgeht, ist er nur für einen kleinen Teil des Publikums zu sehen. Diesen Nachteil gleicht er aber locker durch wildes Gestikulieren und sein mächtiges Organ aus.

Dr. Aleks and the Fuckers

Foto: X-tof Hoyer

Das Tempo ist meist infernalisch hoch. Das Publikum will’s aber noch schneller. Die Rhythmen sind nicht nur Polka und Ska, da kommt’s auch mal vertrackt im 7/8-Takt daher. Und das wuppen die Fucker beeindruckend virtuos. Der Bläser-Satz ist vom Feinsten: Posaune, Saxophon und zwei Trompeten sind (meist) wunderbar synchron und machen gewaltigen Druck. Ganz bescheiden am Rande: die Tübinger Trompeter-Legende Sensi Simon, dessen Bläser-Künste uns schon seit frühen Ska-Tagen bei der Court Jester’s Crew, der Samowar Band oder auch bei The Magic Touch begeistert haben. (Eventuell auch der Grund dafür, dass sich eine kleine Abordnung der Stuttgarter Skins im Publikum befindet?)

Dr. Aleks and the Fuckers

Foto: X-tof Hoyer

Und dass der Mischer in diesem Wahnsinn noch einen guten knackigen Sound produziert, grenzt an ein Wunder. Einziges Manko: es gibt keinerlei Bühnenlicht, die Band verliert sich in Halbdunkel und Rauchschwaden. Unser Fotograf muss ganze ruhige Hand bewahren. Ein Ding der Unmöglichkeit in dem Hexenkessel, der sich von der Bühne auf den ganzen Raum ausbreitet. Alle haben die Hände in der Höhe, angesichts der geringen Raumhöhe muss man um die abgehängte Decke fürchten. Später kommende Gäste bleiben erstaunt auf der Treppe stehen. Ihnen bietet sich ein wahrhaft spektakulärer Anblick. Selbst der Wirt, der schon einiges gesehen haben dürfte, hält inne und macht Fotos von der ausgelassenen Menge.

Dr. Aleks and the Fuckers

Foto: X-tof Hoyer

Außer Eigenkompositionen wie „Faki, Faki“ bringen die Fuckers auch einige Balkan-Disco-Klassiker wie Shantels „Disko Partizani“ oder – als Stimmungshöhepunkt des Abends – das Partisanen-Traditional „Bella Ciao“. Die Setlist hat sich in dem Biersee auf der Bühne schon längst in Pappmaché verwandelt, der Gig strebt seinem fulminanten Ende entgegen.

Zwei Go-Go-Tänzerinnen für das große Konzert am 29.5. in den Wagenhallen will Dr. Aleks auch im Publikum gesichtet haben, sie mögen sich doch bitte nach dem Gig zum persönlichen Casting-Gespräch bei den Toiletten einfinden. Ja, Dr. Aleks‘ Humor ist nicht unbedingt feinsinnig, aber was erwarten wir auch beim derbsten Tanz in den Mai, den das Städtle zu bieten hat?

Dr. Aleks and the Fuckers

Foto: X-tof Hoyer

2 Gedanken zu „DR. ALEKS & THE FUCKERS, 30.04.2015, Dilayla, Stuttgart

  • 3. Mai 2015 um 11:40 Uhr
    Permalink

    >Diesen Nachteil gleicht er aber locker durch wildes Gestikulieren und sein mächtiges Organ aus.<

    Bezieht sich das jetzt auf die vokalistische Darbietung oder auf den eingangs erwähnten Pimmel???

  • 4. Mai 2015 um 14:17 Uhr
    Permalink

    Muhaha! Lieber Holger D., so war’s nicht gemeint… Echt. Ich meinte natürlich das Stimm-Organ.

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