SVAVAR KNÚTUR, 08.09.2014, Wohnzimmerkonzert, Stuttgart

Svavar Knutur

Foto: Steffen Schmid

Wenn die Ehefrau Geburtstag hat, und dazu noch einen runden, will man sich ja schon bissle ins Zeug legen. Mit offenem Mund dastehen und staunen soll sie und im Idealfall sogar Freudentränen vergießen. Ein richtig originelles und ausgebufftes Geschenk muss also her. Mir fällt vieles ein, genau so viel wird aber auch wieder verworfen. Mitten in der Ideenfindungs-Phase kommt mir dann mein guter Freund Deger zu Hilfe: „Hast Du gesehen? Svavar Knútur hat noch freie Termine auf seiner Tour und sucht noch ein paar Auftrittsmöglichkeiten. Wär das nix für Sonja?“. Tatsächlich, unser Lieblingsisländer kommt auf Deutschland-Tour und hat noch Lücken im Kalender. Und wie es der Zufall so will, ist eine davon der Geburtstag meiner Frau. Wäre schon ein dickes Ding so ein privates Überraschungskonzert im heimischen Wohnzimmer. Weil wir Island und seine Musik lieben. Und weil ich nie Sonjas vor Lachen verheultes Gesicht vergessen werde, als sie Svavar Knútur vor drei Jahren zum ersten Mal live gesehen hat beim Iceland Airwaves Festival in Reykjavik. Melancholische Musik und abartig lustige Anekdoten aus seinem Leben. Da sollte das dann doch auch nochmal klappen mit den Tränen.

Svavar Knutur

Foto: Steffen Schmid

Aber wie realistisch ist es, das überhaupt auf die Beine zu stellen? Deger und Mona, die von Svavar Knúturs Musik und seinem charmanten Wesen ebenso begeistert sind wie Sonja und ich, stellen schon mal ihre Bude zur Verfügung (deutlich größer als meine und zentraler). Gilt es also noch den Svavar zu überzeugen. Nachdem ich erklärt habe, worum es geht und dass wir, wie bei seinen Konzerten üblich, ein Glas rumgehen lassen, um Kohle für ihn zu sammeln, antwortet der: „Let’s do this!“. Hammer, das klappt tatsächlich! Okay, wir kennen uns ein bissle von diversen Konzerten in Stuttgart und Reykjavik, aber trotzdem… Svavar fährt extra für diesen einen Abend von Gütersloh nach Stuttgart. Das rechne ich ihm wirklich hoch an. Feiner Kerl der Svavar. Auch nicht ganz selbstverständlich: Es halten alle dicht. Meine Frau ahnt bis zum Schluss überhaupt nichts und denkt, dass sie zum Geburtstag von Freunden zum Essen eingeladen wird. Schnell nochmal auf Holz geklopft, dass auch alles klargeht.

Svavar Knutur

Foto: Steffen Schmid

Der besagte Montag wird dann weit weniger hektisch als vermutet. Die Gästeliste steht, genug Sitzmöglichkeiten sind aufgestellt, Hot-Dogs und Süßkram sind da, Bier und antialkoholische Getränke sind kalt gestellt. Dann mal schnelle den Ehrengast eingesammelt. Als ich am Hauptbahnhof ankomme und gerade mal schauen will, wann und wo Svavars Zug ankommt, ruft auch schon jemand: „Hey, Carsten!“. Fröhlich lächelnd kommt der Isländer in Königslaune den Bahnsteig entlang mit seiner Gitarre und zwei schweren Koffern. In einem sind haufenweise CDs, erklärt er mir später. Die verkauft er während seiner Auftritte, wie heute Abend auch. Während der Zugfahrt hat er einen Fan kennengelernt, der zufälligerweise auch im Stuttgarter Westen wohnt. Ob der auch kommen kann? Klar. Auf einen mehr oder weniger kommt es nicht an. Und wenn er ein Fan von Svavar Knútur ist, muss er ja ein guter Mensch sein. Wir liefern das Gepäck daheim ab, verhaften ein schnelles Bierchen in der Küche und dann geht’s erstmal zum Italiener um die Ecke. Während wir Pizza und Pasta futtern, sprechen wir über Privates, philosophieren über Zombies, Homophobie, Island und viele andere Dinge. Deger und ich lauschen gebannt und lachen viel. Was Svavar erzählt, ist immer interessant und meistens auch ziemlich lustig. Und auch der Kellner verfällt dem offenen Wesen des Isländers in Sekunden, plaudert angeregt mit ihm und macht lange Zeit keine Anstalten sich auch noch um andere Gäste kümmern zu wollen. Langsam wird es aber Zeit aufzubrechen, die ersten Gäste werden bald anrücken. Wir sind pappsatt, leicht angeschwipst und in Königslaune – dann kann‘s ja losgehen.

Svavar Knutur

Foto: Steffen Schmid

Langsam aber sicher füllt sich die Wohnung. Sehr gut, alle sind pünktlich. Einige kennen und mögen Svavars Musik schon, andere haben noch nie etwas von ihm gehört. Das wird sich aber bald ändern. Auch weil er ein guter Smalltalker ist, sich mit einem Bier in der Hand unters Volk mischt und auch ganz ohne Musik bestens ankommt. Dann klingelt es endlich. Meine Frau ist da. Als ich dem Geburtstagskind die Tür öffne und es die ganzen Leute sieht, ist es doch sichtlich verdutzt. „Überraschungsparty“, denkt sie sich. Ja schon, aber so richtig entgleist ihr Gesicht erst, als Svavar Knútur auf sie zu schlendert, sie in den Arm nimmt und ihr alles Gute zum Geburtstag wünscht. „I’m gonna cry when you play my favorite song“, verspricht sie ihm. „I hope you can handle that.“ Klar kann er. Wir schnappen uns schnell noch ein Bier und dann versammelt sich alles im Wohnzimmer. Svavar Knútur ist ready to rumble und startet seine One-Man-Show.

Svavar Knutur

Foto: Steffen Schmid

Viel braucht er nicht. Er hat weder ein Mikro noch einen Verstärker. Nur mit Gitarre, Ukulele und seinem unglaublichen Charme bewaffnet, legt Svavar Knútur los. „Waldeinsamkeit“ ist der Opener dieses unglaublichen kleinen Konzertes. Als ich so in die Runde schaue, wird mir schnell klar, dass Svavar hier eine Menge neuer Fans gewinnen wird. Es ist mucksmäuschenstill und alles lauscht gebannt seiner Stimme. Er verzaubert uns mit wunderschön melancholischen Songs wie „Clementine“ oder „Girl from Vancouver“ und bringt uns mit seinen Ansagen und mit viel Körpereinsatz erzählten Anekdoten aus seinem Leben zum Lachen. Und wenn Svavar zum Mitsingen auffordert, wird auch mitgesungen. „Lalalalalalala“ schallt es durchs Wohnzimmer. Der hat uns voll im Charme-Schwitzkasten. Natürlich spielt Svavar auch Sonjas Lieblingssong „While the world burns“ und das mit so viel Inbrunst und Gefühl, dass nicht nur ihre Augen etwas glasig werden. Spätestens jetzt weiß ich, dass das hier ein voller Erfolg ist.

Svavar Knutur

Foto: Steffen Schmid

Wie immer dürfen neben eigenen, englischen wie auch isländischen Songs auch ein paar ausgesuchte Coverversionen nicht fehlen. Bis auf Jimi Tenors „Sugardaddy“, das Svavar Knútur mit viel Kraft elvislike schmettert, meistens von befreundeten, eher unbekannten Musikern. Unglaublich sympathisch macht er das alles und bedankt sich auch bei uns für die Möglichkeit hier spielen zu dürfen. Wir stoßen auf meine Frau an. Nach gut zwei Stunden und der letzten Zugabe schaue ich in die begeisterten Gesichter meiner Freunde. Es gibt viel Applaus und es zeigt sich, dass Svavar aus gutem Grund seine CDs zum Verkauf ausgebreitet hat. Sichtlich Spaß hat er auch daran, dass er die alle dann auch gleich signieren soll. Auch die gesammelte Gage kann sich durchaus sehen lassen und zeigt, dass hier alle auf ihre Kosten gekommen sind. Wir machen noch ein paar Fotos, trinken noch ein paar Bier und lassen den Abend langsam ausklingen. Für die letzten, die noch da sind, klimpert Svavar auf dem Sofa liegend noch ein bissle auf der Ukulele, bevor er sich dann auch ins Gästezimmer verzieht und schlafen geht.

Wir sind Svavar unglaublich dankbar, dass er diesen wundervollen Abend möglich gemacht hat. Und wir können es kaum erwarten ihn am 25. September in Ludwigsburg im Brückenhaus zu sehen. Das solltet Ihr Euch übrigens auch nicht entgehen lassen. Ehrlich. Sonst seid Ihr keine guten Menschen.

Svavar Knutur

Foto: Steffen Schmid

2 Gedanken zu „SVAVAR KNÚTUR, 08.09.2014, Wohnzimmerkonzert, Stuttgart

  • 11. September 2014 um 16:34 Uhr
    Permalink

    Traumhaft!

    Sehr schön: „Sonst seid Ihr keine guten Menschen.“

    Da gehe ich mit.

  • 11. September 2014 um 18:26 Uhr
    Permalink

    Hoffe, dass ich da ganz viele nette Menschen treffe.

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