FREIKONZERT mit ADNA, SEA + AIR, RANGLEKLODS, 01.08.2014, Pariser Platz, Stuttgart

Rangleklods

Foto: Michael Haußmann

Was man natürlich sagen muss: Das Freikonzert ist schon eine gute Sache. Eine sehr gute Sache. Bereits zum dritten Mal haben Reiner Bocka vom Café Galao und Tobias Reisenhofer ein Konzert veranstaltet, das im Namen das Prinzip erklärt: Es kostet nämlich nix. Und das lotst natürlich, unabhängig aller schwäbischer Klischees, eine Menge Leute zum Veranstaltungsort.

Der war diesmal der Pariser Platz, und ja, viele mussten erst mal googeln, wo der ist. Erfahrene Jazz-Open-Gänger wie ich kannten und schätzten ihn hingegen als schöne und, Achtung pfui, sehr urbane Konzertlocation. Und das tut dem Platz gut – wie Kollege Volkmann bei der StZ sehr schön beschrieben hat.

Doch nicht alle haben freitags schon um 17 Uhr Feierabend, und so verpasste ich den Auftritt von Adna leider. Als ich ankam legte gerade ein DJ dezente elektronische Musik auf, und es waren schon eine Menge Leute da, die sich aber sehr auf dem weitläufigen Platz verteilten. Und die Leute entsprachen ungefähr der Vorstellung, die man bei diesem Konzept und Line-Up hatte, oder wie wir Blogger sagen: Die Dutt- und Bartdichte war relativ hoch.

Ich freute mich auf jeden Fall sehr auf Sea + Air, das Duo aus Stuttgart, das im vergangenen Jahr verdienterweise den MARS-Award als beste Band gewonnen hat (ja, ich saß in der Jury, Transparenz muss sein). Deshalb stand ich auch pünktlich vor der Bühne, als Reiner diese ansagte. Und war da mit geschätzt 50 Leuten erst mal relativ allein.

Erst beim zweiten Lied füllte sich der Platz direkt vor der Bühne einigermaßen, die Leute tröpfelten eher unmotiviert zusammen, wahrscheinlich ein Grund, warum Daniel Benjamin, die eine Hälfte von Sea + Air, den Abend mehr ernst als ironisch mit den Worten „Ihr seid zwar scheiße, aber wir spielen trotzdem“ einläutete.

Sea+Air

Foto: Michael Haußmann

Ein anderer Grund mag gewesen sein, und das verdarb mir tatsächlich den Auftritt ziemlich, dass es die Leute tatsächlich nicht schafften, ruhig zu sein. Es ist nunmal so, dass Sea + Air auch ruhige Lieder spielen. Und wenn dann ein Haufen Mädels auf dem Boden sitzt und lauthals über Beziehungsprobleme diskutiert, wenn neben mir ein Typ ernsthaft mit Rücken zur Bühne seiner Begleiterin die Vorzüge Berlins erläutert und eine zu bunt angezogene Frau gegen die Musik anschreit, aber die Ansagen von Daniel Benjamin trotzdem mit blöden Sprüchen kommentiert – dann ist das einfach unglaublich respektlos dem Künstler gegenüber und geht mir auf den Sack.

Und da bin ich gern spießig, mich hielt nur mein ruhiges Naturell und die Aussichtslosigkeit davon ab, lauthals „Wenn euch die Musik nicht interessiert, dann haut doch ab, Ihr Penner!“ in die Runde zu schreien.

Nichtsdestotrotz war es ein guter Auftritt von Sea + Air, die ich bisher nur bei der MARS-Verleihung in intimer Runde gesehen hatte – die besagten ruhigen Songs waren gemischt mit schnellen, lauten und gar ironisch Heavy Metal zitierenden Songs, das Ehepaar Eleni und Daniel Benjamin wechselte sich dabei in rasantem Tempo an den Instrumenten und am Mikrofon ab.

Und die Rollen waren auch eindeutig verteilt: Daniel gab den charmanten und durchaus witzigen Ansager, Eleni beschränkte sich darauf, wahlweise böse, verschwörerisch oder bedrohlich zu gucken.

Sea+Air

Foto: Michael Haußmann

Zur Ehrenrettung des Publikums muss man sagen, dass gegen Ende des Auftritts der Platz sehr gut gefüllt war, bei „The Heart Of The Rainbow“, dem bekanntesten Stück der Band, tatsächlich Stimmung aufkam und dass es die beiden mit der Zugabe, die leise und nicht laut war und sogar immer leiser wurde, die Zuhörer so zu verblüffen, dass am Ende wirklich (fast) alle zuhörten.

Beim Auftritt von Rangleklods, wiederum nach einer Pause mit DJ-Musik, hatte sich dann doch alles gefunden: Es war dunkel, die Lichtshow konnte ihre volle Wirkung entfalten, der Platz war sehr voll und die Musik war laut genug.

Ich kannte die Band nicht, war aber angenehm überrascht: Wo ich einen stumpfen Elektro-Liveact erwartet hatte, standen eine Frau und ein Mann auf der Bühne, die leidenschaftlich (sofern das möglich ist) die Synthesizer bedienten und diesen genauso atmosphärische wie treibende Sounds mit gebrochenen Beats entlockten. Und der Sänger zeigte eine fantastische Stimme, mit der er wahlweise auch Pop- oder Rockstar werden könnte.

Rangleklods

Foto: Michael Haußmann

Wie gesagt, das Freikonzert ist eine sehr gute Sache, auch wenn es das Publikum wahrscheinlich nicht gänzlich zu würdigen weiß – denn wer bei solch einer Veranstaltung die Bands ignoriert und eigene Getränke mitbringt (beim Umsonst & Draußen unmissverständlich „Verräterbier“ genannt), der hat es irgendwie nicht verstanden.

Adna

Sea+Air

Rangleklods

2 Gedanken zu „FREIKONZERT mit ADNA, SEA + AIR, RANGLEKLODS, 01.08.2014, Pariser Platz, Stuttgart

  • 4. August 2014 um 08:22 Uhr
    Permalink

    Starke Fotos, Herr Lightsniper. Und Herrn Wehs Rant kann man sich nur mal wieder anschließen.

  • 4. August 2014 um 10:15 Uhr
    Permalink

    Ungefähr so habe ich mir das vorgestellt.

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