KREIDLER, 26.05.2014, Schocken, Stuttgart

Kreidler

Foto: X-tof Hoyer

Die Wege, wie man Bands für sich entdeckt, sind stets unergründlich.
Kreidler habe ich durch Zufall in einem kleinen Plattenladen in meiner Heimatstadt entdeckt. Eigentlich hatte ich etwas anderes gesucht. Da lag sie, frisch ausgepackt die CD „Appearance And The Park“, erschienen 1998. Die ersten Hörversuche waren noch etwas holprig, aber losgelassen haben mich Kreidler seither nie. Immer wieder wenn mir der Gedanke kam, mal wieder Kreidler zu hören, gab es durch wundersame Fügung auch gleich ein neues Album.

Umso erfreulicher, die Düsseldorfer/Berliner heute Abend live im Schocken zu erleben. 1994 erschien das erste Album „Riva“. Das jüngste „ABC“ aus dem Jahre 2014, erschien beim Hamburger Label Bureau B und wurde aufgenommen in Tiflis, Georgien. Das Cover wurde von der georgischen Künstlerin Thea Djordjadze gestaltet.

In diesen zwanzig Bandjahren liegen zwölf Alben und ein Wechsel im Bandgefüge. Die Gründungsmitglieder Thomas Klein, Andreas Reihse und Detlef Weinrich spielen noch bis heute in der Band, Stefan Schneider ging 1998 zu To Rococo Rot. Dafür kam Alexander Paulik an Bass und E-Gitarre.
Fluch und Segen einer musikalischen Wahlverwandtschaft ist die Assoziationskette für Kreidler, denn sie kommen aus Düsseldorf. Ihre Musik bewegt sich zwischen den unterschiedlichsten Klanggraden und gerne fallen Verweise zu Kraftwerk, Neu und La Düsseldorf. Aber die Krautrock-Schublade kann gerne halb offen gehalten werden, die Einflüsse und Kategorien sind um einiges breiter gefächert. Rund wird der elektronische Sound durch Minimal Music-Anteile à la Terry Riley.

Heute sind die Herren im Publikum sowie auf der Bühne in der Überzahl.
Es werden nicht viele Worte verloren, als sich die Musiker an ihren analogen wie digitalen Instrumenten einfinden. Sanft wird man vom ersten Stück “Zero” abgeholt. Schlagzeuger Thomas Klein besticht durch sein präzises Spiel, zusammen mit dem Bassisten Alex Paulick treiben sie den Rhythmus nach vorne. Andreas Reihse entlockt seinen beiden Keyboardtastaturen aus dem Stand einen sanften simulierten LSD-Trip. Von allen Seiten kommen nur Farbklänge. Es ist ein bisschen wie beim Hörtest, nur in musikalisch spannend, welches Ohr hört den Klang zuerst. Töne von allen Seiten, und es passiert eine ganze Menge.

Weinrich drückt, dreht, schiebt und bewegt sich elegant zwischen seinem Equipment. Irgendwann wird auch den beiden Herren Weinrich und Reihse warm, fast synchron werden die Jacken ausgezogen.
Mit „ABC“ wird der erste Song des aktuellen Albums gespielt. „Nino“ mit orientalischen Umspielungen, reich an Klangfarben und geräuschvollen Verzierungen, lässt das Stück in eine schöne Breite gehen. Das Publikum nickt derweil angetan und wippt mit den Füssen. „Kremlin rules“ bahnt sich seinen Weg mit leichten Glockenklängen aus Andreas Reihses Soundrefugium. Immer wieder kommen neue Klangstrukturen hinzu, die einen an die Hand nehmen.

Danke und Gute Nacht heißt es zum Abschluss von Andreas Reihse nach einer guten Stunde. Doch ganz so schnell werden die Musiker vom Publikum noch nicht in die Nacht entlassen, es gibt noch „Mosaik“ und „Impressions D‘ Afrique“ als Zugabe.
Bassist und Gitarrist Alex Paulick erzählt mir später noch draußen, dass sie seit dem Gig in Düsseldorf keine „ABC“-Alben mehr dabei haben – alle sind verkauft! Bis zur nächsten Pressung dauert es noch. Auf Empfehlung hat Paulick extra bei Second Hands Records vorbeigeschaut, doch auch dort sind schon alle über den Ladentisch gegangen. „Glück im Unglück“ wie er selbst sagt.

Wer noch nicht gesättigt ist von Kreidlers Klangwelt, für den sind auch die anderen musikalischen Projekte der Mitglieder eine Fundgrube: Detlef Weinrich ist auch Tolouse Low Trax, Schlagzeuger Thomas Klein aka SØLYST, Andreas Reihse mit seinem Soloalbum Romantic Comedy und Bassist Alex Paulick gibt es noch in Form von Coloma zu hören.

Kreidler

Foto: X-tof Hoyer

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