MARIE LOUISE, 30.03.2014, Theaterhaus, Stuttgart

Marie Louise

Foto: Steffen Schmid

Was ein herrliches Wochenende. Um mich herum nur gut gelaunte Menschen, Grillgut, mehr Flüssigkeit als nötig, leckerer Spargel und lustig riechendes Pipi. Ich bin also, auch wenns ab und an mal ein wenig anstrengend war, einfach durch die Sonnentage geschwebt. Sollte man viel öfter machen. Zum Abschluss gibt es ein Konzert – das von Marie Louise. Die habe ich bei einem netten Gespräch vor ein paar Jahren mal interviewt. Und neulich füllte sie den gig-blog Fragenkatalog aus. Heute stellt sie dafür im Theaterhaus, gemeinsam mit ihren Mitmusikern, ihr neues Album „My Name“ vor. Und so viel sei vor dem Sprung schonmal verraten: Es ist ein besonderer Abend.

Einen heißen Kopf hab ich, als ich um kurz nach sieben ziemlich pünktlich zum Beginn des Konzerts schnaufend in den schicken kleinen T4-Saal des Theaterhauses schwitze hetze. Und hetzen ist ja auch gar nicht so meins. Neulich hat sogar meine Ärztin über meinen niedrigen Blutdruck gelacht. Da hab ich mich gefragt, ob das nicht irgend einen Eid von ihr verletzt, aber irgendwie hat sie ja auch Recht. Darum stolpere ich auch erstmal über die Kollegenschaft. Und gleich nachdem die neuesten Neuigkeiten ausgetauscht sind, geht der Abend dann schon los.

Marie Louise

Foto: Steffen Schmid

Zuerst steht nur Kasia Kadlubowska auf der Bühne und lässt das Vibrafon erzittern. Sie sorgt für Ruhe im Publikum und die richtige Stimmung. Etwa 100 Leute warten gebannt und ich merke, wie langsam die Last der Schnelligkeit von mir fällt. Und das ist auch das erste, was die Musiker nun von uns wollen. Sich Zeit nehmen. Das sagen sie nicht, aber spielen es. Und das nehmen wir uns zu Herzen:
Zura Dzagnidze an der Gitarre, die erwähnte Kasia Kadlubowska ist für Vibrafon und Percussion zuständig, Fabian Wend für den Bass – und ein Mann, dessen Namen und Instrument ich nicht in meinen Aufzeichnungen finden kann [Anmerkung der Redaktion: Max Braun]. Mit ihm singt sie auch immer wieder und das sind dann sehr starke Momente. Er hat das Album auch produziert. Sagt Marie Louise, aber das tut sie erst später.

Jetzt kommen einfach nur ein paar sympathische Leute auf die Bühne, jeder so individuell, wie man nur sein kann, wenn man gar nicht individuell sein will. Strahlend und mit ihren Instrumenten findet jeder seinen Platz, ein letzter Blick zu den Mitmusikern und das Publikum ist gefangen – im Eröffnungsstück, mit Meeresrauschen. Ein bisschen Ukulele, die Band groovt vor sich hin, ein bisschen Gesang, das wars. Vielleicht für die Musiker nicht leicht, für den Hörer aber schon. Und hier wird spürbar, was den Abend heute ausmacht: Die Energie zwischen den Künstlern. Da sieht man Augen blitzen und ein Lächeln und manchmal gluckert der Gesang von Marie Louise kurz, weil sie lachen muss.

Marie Louise

Foto: Steffen Schmid

Ein bisschen aufgeregt ist sie, vielleicht sogar alle, aber auch das ist nichts, außer sympathisch. Das ist ein großer Abend für alle hier. Man hat gemeinsam gearbeitet und sich vielleicht auch mal gestritten, aber am Ende kommt so ein Konzert dabei raus. Die Besetzung wechselt immer mal wieder, mal spielen alle, mal spielen nur drei. So verpasst auch der Bassist seinen Einsatz, weil der hinter der Bühne nichts hört. Das sorgt für Lacher im Publikum und auf der Bühne. Manche Songs klingen nach 20s, manche nach 50s, die meisten zeitlos und manchmal hört man ein Karibikklirren raus. Mit besonderen Instrumenten und netten Anekdoten von  der Südamerikareise der Sängerin werden die meisten Songs aufgelockert. Fast alles ist sehr schön arrangiert. Und was sie vom Publikum gern hätte, lebt die Band vor: Einige Songs auf dem Album erreichen kaum die 3-Minuten-Marke, hier und heute dauern fast alle über fünf Minuten. Einfach laufen lassen; einfach zulassen, sich zu verlieren. Alles fließt.

Marie Louise

Foto: Steffen Schmid

Mal mit kräftigerer Stimme und kräftiger Instrumentalisierung, wie im Titelsong oder aber zerbrechlich und leicht – einige Songs steigern sich – um das FolkAkustikpopJazz-Spektrum voll scheinen zu lassen. Manche Lieder auf deutsch, die meisten auf englisch (da finde ich viele besser) aber immer mit schönen Worten. Das ist der Abend von Marie Louise. Sie bedankt sich bei vielen. Sie lacht mit ihren Mitmusikern, da sitzen Freunde auf der Bühne. Alles funktioniert. Und wahrscheinlich gehen sie und ihre Band heute Abend ziemlich glücklich nach Hause, denke ich mir. Aber davor noch einen Heben.

Eine Pause unterbricht den Abend mal zwischendurch, das finde ich ein bisschen schade. Aber so ist das halt manchmal. Auch bei den schönsten Geschichten gibt es einen Wendepunkt. Dass aber auch der schön sein kann, wissen nur die wenigsten. Weil eigentlich höre ich diese Musik sonst gar nicht. Weder Akustikpop noch Folk noch Jazz und eine Mischung daraus auch nicht. „Warum schreibst du Spacko dann heute?“ möchte man mir ins Gesicht brüllen. Eine ganz berechtigte Frage, eigentlich. Aber eine mit einer einfachen Antwort: Den nonbeliever zum Gläubigen zu machen, das ist doch viel kraftvoller.

Marie Louise

Foto: Steffen Schmid

2 Gedanken zu „MARIE LOUISE, 30.03.2014, Theaterhaus, Stuttgart

  • 1. April 2014 um 08:09 Uhr
    Permalink

    Ach, wie schön! Der David sollte viel häufiger schreiben…

  • 2. April 2014 um 13:58 Uhr
    Permalink

    Ach, danke Mensch. :)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.