BOHREN & DER CLUB OF GORE, 26.03.2014, Manufaktur, Schorndorf

Bohren und der Club of Gore

Foto: Steve Sonntag

BOHREN & DER CLUB OF GORE waren einst eine Heavy Metal Band aus dem für Metal(l) bekannten Ruhrgebiet. Es wird wohl daran liegen, dass die Band heute immer noch Metal-Kontext (Drone, Doom, Black Metal) in den einschlägigen Medien präsent ist, obwohl der Sound mit Metal aber mal gar nichts mehr zu tun hat, außer dass die Instrumente ziemlich tief gestimmt sind. Doom vielleicht gerade noch wegen der sehr, sehr reduzierten Geschwindigkeit. Doom Jazz trifft es ganz gut finde ich.

Bands in diesem Sektor sind in den letzten Jahren einige aufgetaucht, besonders beim deutschen Denovali treibt sich einiges an Doom- oder Dark-Jazz-Bands herum wie z.B. das Kilimanjaro Darkjazz Ensemble. Wenn man sich sowas anhört, denkt man natürlich sofort an Bohren, weil die Westfalen schon deutlich länger so klingen. Heute schon Show #5 in Schorndorf und Tourauftakt. Diese wird ein Erfolg orakle ich jetzt mal, nachdem die Manufaktur gut gefüllt ist, einen Stuhl bekomme ich nicht mehr. Bei Bohren muss mittlerweile bestuhlt sein. Trotzdem geht es mir besser als einem bei London ansässigen Kumpel, der am 05.04. die dortige Show gerne gesehen hätte aber keine Karte mehr bekommen hat. Sicher nicht alltäglich, dass eine deutsche Underground-Band außerhalb des deutschsprachigen Raumes Shows ausverkauft. Jetzt muss man wissen, dass Bohren auch schon bei Mike Patton (Ipecac) veröffentlich haben, und ich kann mich noch ganz gut an Mitteilungen des Labels zur Veröffentlichung von „Dolores“ (2008) erinnern, dass dieses das schönste Album im Katalog sei. Eine Sprachbarriere gibt es nicht weil kein Gesang, und die Alleinstellungsmerkmale und die Qualität der Band erklären den Erfolg auch im Ausland.

Bohren und der Club of Gore

Foto: Steve Sonntag

Wer schon einige Bohren-Shows gesehen hat, weiß was kommt – Dunkelheit im Saal, die Musiker werden von oben mit einem schummerigen Spot angestrahlt. Funktioniert jedes mal gleich gut. Als es losgeht denke ich mir, ob es bei Bohren früher nicht noch dunkler war, aber das liegt nur an meinem ungünstigen Platz unter dem grün strahlendem Notausgang-Schild – der hellste Fleck im Saal, neben dem erleuchteten Bohren-Schriftzug auf der Bassdrum oder vielleicht ist das auch nur Deko, keine Ahnung, ich bin zu weit weg, und es ist auch bei mir verdammt dunkel.

Die selbsternannte Unterhaltungskapelle aus NRW legt gewohnt zeitlupenhaft los. Ich würde sagen wir bekommen einiges der neuen Platte „Piano Nights“ zu hören, auf der – wie der Name schon sagt – einiges an Piano zu hören ist, ohne aber vom typischen Bohren-Sound zu sehr abzudriften. Der Wiedererkennungswert der Stücke überhaupt ist für mich zumindest nicht besonders hoch, daher freue ich mich über die gelegentlichen Ansagen von Frontman Christoph Clöser. Würde man was sehen, wäre zu erkennen, dass dieser Haare auf dem Kopf hat. Ungewöhnlich für ihn. Seine Ansagen sind fast so langsam wie die Musik, und sind mit ein Grund warum ich heute wieder hier bin. Immer verschroben lustig. Wie die Ansage zu „Fahr zur Hölle“ vom neuen Album mit der Story von der Frau und der Autoantenne. Die Titel – auch ein Grund, warum man Bohren mögen muss – die sind meistens sehr lustig. „Verloren (alles)“, „The Art Of Coffins“, „Street Tattoo“, „Mitleid Lady“ – wahllos ein paar Beispiele. Wer das nicht lustig findet, ist humorlos oder Pur-Fan.

Bohren und der Club of Gore

Foto: Steve Sonntag

Clöser wechselt zwischen Glockenspiel oder Xylofon (dunkel) und Saxophon. Letzteres ist ja ziemlich zentral bei Bohren, was ich in diesem Umfang nicht so mag. Das Saxophon ist für mich aus unklaren Gründen belastet, mag ich einfach nicht. Außer bei den Butthole Surfers.

Eine weitere hochwertige Ansage für das neue Stück „Unrasiert“ – „Für die Freunde sauberer Erotik“. Die Zeit vergeht trotz extremer Langsamkeit viel zu schnell. Schon wird die Band vom Frontman vorgestellt, als das was sie sind. Am (E-Kontrabass) der Basser „wie ein melancholischer Bieber hinter seinem Bass“, der Trommler an den Trommeln, der Alte am Saxophon, und der Multiinstrumentalist am Rest.

Obwohl Bohren „coole Typen sind“, die „ihre Spielfreude im Griff haben“ werden heute ausnahmsweise zwei Zugaben angekündigt und gespielt, von der ich eine tatsächlich erkenne – „Destroying Angels“ von der „Black Earth“. Ein klassischer Heavy Metal-Titel traumhaft schön vorgetragen von der besten langsamen Band Deutschlands. Schon in sechs Jahren kommen sie wieder.

Bohren und der Club of Gore

Foto: Steve Sonntag

9 Gedanken zu „BOHREN & DER CLUB OF GORE, 26.03.2014, Manufaktur, Schorndorf

  • 28. März 2014 um 08:08 Uhr
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    Heißer Kandidat fürs Aufmacherbild des Jahres.

  • 28. März 2014 um 08:43 Uhr
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    Sensationelle Fotos, Steve! Anwärter auf den Restlicht-Award 2014.

  • 28. März 2014 um 09:01 Uhr
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    das mit dem Biber kommt mir bekannt vor.
    Ansonsten irgendwie befremdlich die Typen mit Haaren, aber auch geil.
    Aufmacherbild ist Premiumkunst.

  • 28. März 2014 um 09:24 Uhr
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    Wird bei Dir der Biber auch erwähnt? Absichtlich habe ich Deinen Bericht nicht mehr gelesen, um vom Großmeister nicht abzuschreiben.

  • 28. März 2014 um 10:00 Uhr
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    das Zitat habe ich als Kommentar verbraten.

  • 28. März 2014 um 10:24 Uhr
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    Der Gig-Blog wird nachfolgenden Generationen als reiche Quelle für Bohren-Zitate dienen.

  • 30. März 2014 um 16:13 Uhr
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    War ein geniales Konzert.

  • 31. März 2014 um 08:30 Uhr
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    Wegdämmern bei einer Massage ist die angenehmste Art einzuschlafen. Genauso angenehm ist es bei einem Bohren-Konzert. Absonderlicherweise war es für mich das erste dieser Art und ich fand es wundervoll.

    Steve: Besser geht´s wohl nicht!

  • 2. April 2014 um 16:45 Uhr
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    …wenn ein LIchtdesigner einen Super-Apparat an ein Super-Fotoauge hält:
    ..einwandfreie Restlicht-Fragmente..! Klasse!

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