HEISSKALT, DIE NERVEN, DIE SELEKTION, 01.08.2013, Wagenhallen, Stuttgart

Heisskalt

Foto: X-tof Hoyer

Ahja, bis zu 35° sollen es heute werden, soso. Dann mal auf zum Indoor-Konzert. Gestern war ich ja schließlich auch schon im Kino. World War Z ist ein Film, den ich nicht uneingeschränkt empfehlen kann.

Angekommen an den Wagenhallen stelle ich fest: Ist wohl doch eher ein Abend zum Draußensitzen und nicht Drinnenspringen. Insgesamt verlieren sich vielleicht 200 träge Menschen in der Halle. Pech für die Macher vom Merlin, die sich für ihr prima Dreifach-Booking zum Auftakt des diesjährigen Klinke-Festivals sicherlich mehr erhofft hatten, auch wegen des Werbeaufwands im Vorfeld. Das Line-up des kleinen Regio-Rundumschlags kann sich aber auf jeden Fall sehen lassen: Die Selektion spielen hier das vorletzte Konzert ihrer streng getakteten Europa-Tour, meine liebste Hassliebe-Band Die Nerven sind als zweites dran und als Headliner kommen Heisskalt, die gerade mächtig steil gehen und diesen Sommer eine erste EP, einige Festivalauftritte und massig Gigs zu verzeichnen haben.

Los geht das Minifestival mit drei jungen Menschen aus Esslingen, die, pauschal gesagt, Musik für alte Leute machen. Genauer gesagt orientiert sich Die Selektion an der Musikrichtung EBM, die in den Achtzigern mal so eine Art Techno für Leute war, die auch Depeche Mode gut finden. Die Selektion hat die immer recht hölzern daherklopfende EBM allerdings in den Schwitzkasten genommen und ihr das Label 2013 an den Hinterkopf getackert. So passt das auch wieder ins Heute und dazu, dass die drei Jungs alle noch unheimlich jung sind.

Die Selektion

Foto: X-tof Hoyer

Bei der Die Selektion macht’s die Mischung: der immer irgendwie industriell-militärische Synthie-Sound der Achtziger, vermischt mit einem knackigen Bass und – aufgepasst – einer Trompete. Die macht den Selektion-Sound meiner Ansicht nach erst so richtig spannend, anzuhören gibt’s da übrigens einiges auf Soundcloud. Der Gesang von Chef Luca und Trompeter Hannes ist mir oft mit zu viel Hall belegt. Ist aber wohl Geschmacksfrage.

Drei weitere junge Menschen machen weiter, die pauschal gesagt, Musik für nicht ganz so alte Leute machen. Genauer gesagt machen Die Nerven krachenden Noise Punk oder Post Punk oder so. Zunächst aber Verwirrung: Drei junge Mädels steigen auf die Bühne, dreschen einige Minuten auf die Instrumente ein und kreischen ins Mikro. Die Nerven stehen im Publikum und finden ihre Idee ganz lustig. Ihren Humor verstehen aber glaube ich nur wenige. Irgendwann haben sie Erbarmen und vertreiben die Girls.

Die Nerven

Foto: X-tof Hoyer

Ich habe die Band schon mal gesehen und finde einige Parallelen zum Auftritt Anfang des Jahres im Merlin. Wieder geht der Sound nicht recht, wieder raunzt Gitarrist Max den Mischer an. Wieder finden das alle blöd. Wieder ist das den Die Nerven egal. Außerdem reißt die E-Saite vom Bass, das ist selten und Pech. Schlagzeuger Kevin rettet die Situation, in dem er einen Lady-Diana-Witz aus einem Lady-Diana-Witzebuch erzählt, das er zufällig dabei hat:

What do Lady Di and Pink Floyd have in common? Their last greatest hit was the wall!

Ein Auftritt zwischen Genie und Wahnsinn. Hoffentlich sehe ich die Boys auch noch mal ohne irgendwelche Querelen. Aber vielleicht gehört das bei Die Nerven auch irgendwie dazu.

Die dritte Band ist die, auf die die zahlreich erschienenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen gewartet haben. Man erkennt sie leicht, die Fans: Alle haben Tanktops an, auf denen Heisskalt steht. Die Vermarktungsmaschine läuft auch schon auf Hochtouren. Ich selbst weiß bisher nur, dass sie das erste Rock-Signing auf dem prima Stuttgarter Hiphop-Label Chimperator sind und gerade steil gehen.

Heisskalt

Foto: X-tof Hoyer

Die Band legt gut los mit zwei Standtoms, auf die parallel zum Schlagzeug eingedroschen wird. Ist zwar gerade modern und macht jeder, aber ich mag das. Es handelt sich um das Standard-Intro, zum Beispiel hier zu sehen. Schon nach dem Lied kann ich feststellen: Die Jungs haben richtig was drauf. Harter Rock, ein bisschen hört man ihnen ihre Herkunft aus dem Hardcore noch an, dazu griffige Songs und eine wirklich gute Live-Performance.

Ganz präsent und nah dran an den Fans, und sie sehen auch so aus als könne man mit ihnen gut zechen. Die Wagenhallen sind für diese Band allerdings fast zu klein, was die da abliefern gehört definitiv auf eine Festivalbühne oder zumindest ins LKA. Als auch bei Heisskalt einmal der Sound ausfällt, singt die gesellige Rempelrunde vor der Bühne das Lied einfach zu Ende. Irgendwer hatte im bierseligen Gemoshe versehentlich sein Getränk über eine Steckdose geschüttetund den Stromausfall so erst erzeugt.

Heisskalt: Kann ich live empfehlen, auch wenns definitiv eher was für U25er ist. Und die Songtexte – tja. Live hört man die aber nicht.

Die Selektion

Die Nerven

Heisskalt

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