TESTAMENT, 20.03.2013, LKA, Stuttgart

Testament

Foto: Steffen Schmid

Frühlingsbeginn mit Testament, die Natur spielt mit, und verhagelt einem nicht die Thrashmetal-Stimmung mit Blumen, Farben, Sonnenlicht oder solchem Gedöns. Über meine nostalgischen Bay-Area-Erinnerungen habe ich ja hier schon was geschrieben. Die Jungs sind auf jeden Fall auch Urgesteine dieser Szene. Dass es nicht zu der ultimativen Thrashmetal Popularität in der Karriere gelangt hat, könnte man vielleicht damit begründen, dass ihr Debütalbum „The Legacy“ 1987 erschien. Vielleicht einen Tick zu spät, da waren die Slayers, Megadeths und Anthraxs schon ein paar Jahre dabei. An den Songs kann es auf gar keinen Fall gelegen haben, und in eine Top Ten der besten Thrashmetal-Alben haben sie es gerade auch wieder geschafft.

Aber der Nuclear-Blast-Deal scheint ihnen einen neuen Karriereschub zu verpassen. Das LKA ist ziemlich voll, kurz vor ausverkauft würde ich mal tippen, als um kurz nach 22 Uhr „Rise Up“ vom letzten Album rausgehauen wird. Der Sound ist ok, muss sich aber noch ein wenig finden. Ich kenne ja nur das Frühwerk von den Jungs, und werde recht früh schon mit „Burnt Offerings“ bedient. Geiler Song, die leicht orientalischen Gitarren-Leads habe ich schon damals sehr gemocht.

Testament

Foto: Steffen Schmid

Erster Eindruck nach einem Drittel des Konzerts: ziemlich abwechslungsreich das Ganze. Schnelle Thrasher wechseln sich mit heavy Midtempo-Songs ab. Für meinen Geschmack könnte man in der Dynamik noch etwas mehr variieren, dann knallen bestimmte Parts auch besser, als wenn man nur ständig das Pedal auf Vollgas hat.

Zwischenbemerkung! Da ich schon länger nicht mehr bei einem richtigen Metal-Konzert war, fallen mir noch folgende Sachen auf:
1. deutlich massiverer Bierkonsum als in anderen Musikszenen.
2. die Merchandise Verkäufe dürften auch deutlich höher sein als in den knausrigen Indie-Genres.
3. der Body-Mass-Index dürfte auch höher sein (vgl. Punkt 1).

Testament

Foto: Steffen Schmid

Chuck Billy ist ein Koloss von einem Frontmann, ähnlicher Körperbau wie der Bud Spencer aus „4 Fäusten für ein Hallelujah“-Tagen. Über einem Paar normaler Beine hat ihm die Natur einen mächtigen Klotz von Oberkörper geschenkt. Das macht ihn jetzt natürlich nicht zum allerbeweglichsten Frontman, und auch der neongrün beleuchtete oder phosphoreszierende Mikroständer wirkt nicht ganz geglückt. Aber der Mann macht das durch sein unverwechselbares Organ und viel Charisma wieder wett.

„Native Blood“ kündigt er als Song an, der ihm „close to the heart“ sei. Klar, hat der gute Mann doch native american Ursprünge. So ein bisschen „Roots Bloody Roots“ für Nordamerika, sprich, geiler Song mit Ureinwohner-Thematik und Vibes. Auch gut, der Titeltrack des letzten Albums „Dark Roots“, heavy bei gedrosseltem Tempo ist hier der Style. Besser, imho, die beiden darauffolgenden Klassiker „Into The Pit“ und „Practice What You Preach“. Groß, wegen sowas bin ich hier!

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Foto: Steffen Schmid

Ein paar extra Worte noch zu Alex Skolnick, dem Lead-Gitarristen und musikalischen Schöngeist der Gruppe. War schon damals klar, dass hier ein Mega-Könner am Werke ist. Eine sehr auffallende Kombination zu Thrash-Anfangszeiten. Auf der einen Seite schon ziemlich wüstes Geknüppel, auf der anderen Seite seine supermelodischen Gitarrensoli, mit einer extrem hohen Virtuosität gespielt. Unglücklicher Vergleich: wie wenn Messi in der dritten irischen Liga Fußball spielen würde. Wikipedia spuckt dann auch aus, dass der Mann sich eine lange Zeit nur dem Jazz gewidmet hat, und ein Projekt betreibt, in dem Metal-Klassiker im Bepop-Style gespielt werden, z.B. War Pigs.

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Foto: Steffen Schmid

Das mir unbekannte „Riding The Snake“ ist ein überraschender Höhepunkt. Komplexer und vielschichtiger als die anderen Songs, nicht nur immer am Anschlag. Ab da an find ich es eigentlich nur noch super, wobei der Ultraklassiker Over The Wall für mich noch ein wenig herausragt, und sei es nur wegen dem Mitsingteil im Gitarrensolo. Ein Stück Jugend der Song.

Ebenso wie „The Haunting“ und „New Order“, Klassiker auch dies mit den üblichen Testamentzutaten: harte, treibende Riffs, und der typische Cuck Billy Gesang, der trotz allem irgendwie melodisch ist. Das Set endet mit dem straightem Thrasher „Formation Of Damnation“. Eigentlich ein würdiger Abschluss, und Zugaben müssen auch nicht sein, aber Trial By Fire hätte ich dann doch noch ganz gerne gehört.

Testament

Foto: Steffen Schmid

SETLIST:
1. Rise Up
2. More Than Meets The Eye
3. Burnt Offerings
4. Native Blood
5. True American Hate
6. Dark Roots
7. Into The Pit
8. Practice What You Preach
9. Riding The Snake
10. Eyes Of The Wrath
11. Over The Wall
12. The Haunting
13. New Order
14. D.N.R.
15. Three Day
16. Formation Of Damnation

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Foto: Steffen Schmid

2 Gedanken zu „TESTAMENT, 20.03.2013, LKA, Stuttgart

  • 22. März 2013 um 16:10 Uhr
    Permalink

    Cooler Artikel. Ich befürchte nur, dass die Gigblogger nicht nur den BMI, sondern auch noch den durchschnittlichen Bierkonsum runtergezogen haben.

  • 22. März 2013 um 18:21 Uhr
    Permalink

    ich würde den durschnittlichen Alk-Konsum selbst bei einem Treffen von Ordensschwestern unterbieten.

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