BUSTER SHUFFLE, 18.01.2013, Jugendhaus Hallschlag, Stuttgart

Buster Shuffle

Foto: Steffen Schmid

Die Qual der Wahl. Ein Freitagabend, drei vielversprechende Konzerte: soll ich jetzt zu Brockdorff Klang Labor ins Merlin, in die Waggons zu den belgischen Krachmachern Komplikations (die uns als Support für Frustration so viel Spaß gemacht haben) oder zum zehnten „Ska Fever over Stuttgart“ zu Buster Shuffle ins Jugendhaus Hallschlag? Als Ska-Fan entscheide ich mich natürlich für die Londoner Offbeat-Rocker. Schließlich schicken sie sich gerade an, die Altmeister Madness zu beerben. Das will man doch gesehen haben.

Schon lustig, wenn man als alter Sack mit deutlich mehr als vierzig Lenzen ins Jugendhaus geht. Aber wer sich für Ska interessiert, kommt man an dieser Location nicht vorbei. (Übrigens: ein sympathischer Laden mit einer erstaunlich großen Halle und einer professionellen Ausstattung. Hier könnte man sich mehr Konzerte vorstellen) Schon seit Jahren finden hier Offbeat-Gigs statt und die Veranstalter haben schon viele Größen des Genres auf die Bühne bekommen: von den jamaikanischen Ur-Gesteinen Doreen Shaffer und Roy Ellis bis hin zu fast allen großen Namen des europäischen Ska wie The Offenders, Two Tone Club (natürlich immer supportet von lokalen Ska Acts). Mein absolutes Highlight – soviel nostalgischer Rückblick muss erlaubt sein – war ein Auftritt der Skatalites in den 1990er Jahren, damals noch in der Originalbesetzung mit den Ska-Göttern Roland Alphonso, Tommy McCook, Lester Sterling und Lloyd Brevett. Kurzum: wir befinden uns hier – so unscheinbar die Adresse sein mag – quasi an einem Hotspot des Ska!

Keine Ahnung, ob sich Buster Shuffle der Historie dieses Ortes bewusst sind. Dass sie die Geschichte des Ska gut kennen, steht außer Zweifel, ihre Attitüde ist eindeutig retro und sie werden im Laufe des Abends noch ein paar feine musikalische Zitate einstreuen.

Wootakka

Foto: Steffen Schmid

Eröffnet wird der Abend von Wootakka, einer vielversprechenden lokalen Kombo. Sie spielen eine etwas pop-rockige, aber durchaus druckvolle Variante des Ska mit fettem Bläsersatz, angereichert mit Space-Sounds und Latino-Elementen. Nicht ganz mein Ding, aber alles sauber auf den Punkt gespielt. Ska ist Teamsport, und den beherrschen sie. Jedenfalls machen Wootakka ihren Support-Job so gründlich, dass die gut 100 Zuschauer ordentlich in Bewegung geraten. (Ein lustig gemischtes Publikum übrigens: Jugendliche aus der Nachbarschaft, Ska-Fans und Skinheads in feiner Ausgeh-Klamotte und die üblichen, notorischen alten Konzert-Haudegen) Die Stimmung passt jedenfalls, der Boden für Buster Shuffle ist bereitet.

Buster Shuffle

Foto: Steffen Schmid

Ein zügiger Umbau, Buster Shuffle entern die Bühne und legen umgehend los. Und das geht dann erstmal gründlich schief. Frontmann Jet Baker und seine Kombo stolpern durch die ersten Titel, so dass diese kaum zu erkennen sind. Der Sound ist außer Kontrolle, viel zu laut, alles geht im Scheppern und Übersteuern unter. War der Mischer mit seinen Vorbereitungen noch nicht fertig, oder ist dies erst der Soundcheck? Wie kann das passieren, wo der Support Act doch richtig gut klang? (Vielleicht wäre es ja hilfreich, das riesige Schiebetor bis auf einen Eingang zuzuschieben? Täte eventuell dem Sound und auch der Club-Atmo gut) Nun ja, nach einigen Songs passt’s dann einigermaßen und wir können uns wieder dem Geschehen auf der Bühne zuwenden. Jet Baker steht – fast schon ein Markenzeichen – mit seinem Piano quer zum Publikum, flankiert von Gitarrist und Background-Sängerin. Im Hintergrund agieren ein veritabler Kontrabassist, ein bulliger Schlagzeuger und ein zweiter Keyboarder. Dead British, diese Band! Jeder Musiker ein markanter Typ, und dazu der breite Londoner Dialekt von Jet Baker. Als chronisch Anglophiler muss ich das einfach charming finden.

Buster Shuffle

Foto: Steffen Schmid

Keine Frage: stilprägend ist Bakers Piano-Spiel. Geradezu hyperaktiv bearbeitet er das Keyboard, ist permanent in Bewegung, hämmert darauf herum, dass es bedrohlich ins Wanken gerät, spielt es mit den Füßen, kniet davor, schwingt sich auf den Barhocker, spielt den Schlussakkord mit dem Hintern. Anzunehmen, dass hier Jerry Lee Lewis als Vorbild dient. Und Buster Shuffle bringen tatsächlich eine ordentliche Portion klassischen Rock’n’Roll mit.

Natürlich spielen sie im Laufe des Abends nahezu alle Titel ihrer beiden Alben „Our Night Out“ und „Do Nothing“, besondere Kracher sind der Titelsong „Our Night Out“, „Me, Myself and I“ und „Thirty-Eight“. Dazu gibt’s noch eine Uptempo-Version von Dandy Livingstones „A Message To You, Rudy“, Chuck Berrys Klassiker „You Never Can Tell“ (ja, der aus Pulp Fiction) und den immer gern gehörten „Monkey Man“ von Toots & the Maytals. Das Publikum tanzt kollektiv, glückliche Gesichter allerorten. Das ist genau die Party, die man erwarten durfte. Mit dem immer noch harten Sound hat man sich arrangiert und Buster Shuffle gönnen sich und den Tänzern kaum eine Pause. Auch um eine Zugabe lässt man sich nicht lang bitten, fünf weitere Titel werden rausgehauen und ein zweiter Nachschlag ist auch noch drin.

Buster Shuffle

Foto: Steffen Schmid

Ob es tatsächlich mal für die Main Stage in Glastonbury reichen wird, wie uns Jet als Wunschtraum in unserem Fragebogen verraten hat? Wer weiß. Dass er eine unerwartete Geldspende in ein neues Keyboard investieren würde, wie er auf eine andere Frage antwortete, ist allerdings schon fast eine Notwendigkeit. Gut vorstellbar, dass das arme Instrument nämlich demnächst unter seinem massiven Körpereinsatz zusammenbrechen wird.

Buster Shuffle

Foto: Steffen Schmid

Buster Shuffle

Wootakka

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