BEAK> 05.12.2012, Gebäude 9, Köln

Foto: Tox

Gig-Blog kommt rum. Wir sind in den Gletscherspalten von Island ebenso wie in Köln, der Stadt am Rhein, wenn es darum geht gute Bands auf Tour zu erwischen, um deren Kunst zu zelebrieren und ihren Merch zu kaufen.

Beak> wird den wenigsten sofort ein Begriff sein. Eine Band, die sich „Schnabel“ nennt, und diesen gleich mit ins Logo integriert, wer soll das sein? Aufgemerkt: Das ist eine weitere Band von Geoff Barrow, dem Kopf von den übergroßen Portishead. Es gibt ja schon eine Reihe von britischen Musikergrößen, die, nachdem sie große Erfolge im Haben hatten, eine Krautrock – Platte aufgenommen haben. Bobbie Gillespie hat das mit Primal Scream gemacht, Richard Fearless mit Death in Vegas, und jetzt also Geoff Barrow, am konsequentesten von allen. 2009 erschien das Debüt „Beak>“, auf seinem eigenen „Invada“ Label. Eine Platte bis oben zu mit Krautrock, sicher keine Einstiegsplatte, teilweise schon sperrig, super roh aufgenommen, keine Overdubs, also praktisch live eingespielt. Das da noch mehr kommen sollte sollte mit diversen EPs, einer zweiten Platte „Beak>>“ und aktuell einer noch neueren Single „Mono“ (zunächst nur als Kassette erhältlich), das hat mich positiv überrascht. Portishead scheint im Moment zweitrangig, mit Beak> ist Barrow momentan mehr beschäftigt.

Ab nach Köln, bietet sich an, ich kann dort mit Blick auf den Dom pennen. Nein, nicht die Domplatte, dieses Mal nicht. Zum ersten Mal im Gebäude 9, ein Club auf dem Messegelände, aber überraschend angenehm herunter gekommen. An der Bar hängt ein ausgestopfter Dachs. Gefällt mir. Vor der Show, gute Gespräche mit der Band. Ohne groß rumbohren zu müssen, erzählen die Männer aus Bristol von den Aufnahmen zur neuen Platte, dass die erste ein größerer Spaß war, die zweite ja zunächst in den Müll geflogen ist. Wenn es „Beak>>“ online zu kaufen gibt, steht die Legende zur Entstehung der zweiten Platte dabei. Gar nichts mehr soll nach exzessiven Touren gegangen sein, eine furchtbare Progrock-Platte soll herausgekommen sein. Zu Hause im regnerischen Bristol sei dann die Magie zurückgekehrt uswusf. Als sie mir genau diese Geschichte erzählen, sage ich, dass ich diese Legende kenne, das sei ja sicher ein „Joke“. Antwort: „We never joke“. Stille. Weiter labern wir über „Neu!“, „Can“, alles mögliche von den Herren Roedelius und Moebius. Keine Überraschung, dass sie diese Bands alle super findet, aber nur auf Krautrock wolle man sich auch nicht beschränken lassen. Die neuen Bonus-Tracks, die sie auf Tour verkaufen, sind ziemliche „Droner“ im Stile von „Sunn O)))“, wobei sowas ja auch schon die deutschen Cluster Anfang der 70er gemacht haben. Dann lerne ich noch, dass die Briten, in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Musik der Amerikaner nach Amerika zurückgebracht haben, und heute, seit den 00er Jahren, würden sie dasselbe mit der deutschen Musik machen. So hatte ich das noch gar nicht gesehen. Die neue Platte wäre für Einsteiger deutlich besser geeignet, auch wenn das erste Stück erstmal wegen schrägen Klängen abschrecken könnte, danach wird’s deutlich leichter für die Ohren. Auch bei dieser Platte, schönes minimalistisches Design, die Band ist nur als Puppen abgebildet, eine Verneigung vor Kraftwerk.

Das Trio spielt in der Besetzung Goeff Barrow, Schlagzeug und Gesang, Billy Fuller (auf einem normalen Stuhl sitzend) am Bass, und der Death Metaller der Band, Matt Williams spielt die alten Synthesizer und einmal Gitarre unter Verwendung von genau zwei Akkorden. Lichteffekte aus Lichtorgeln in diversen Kästen dienen der optischen Unterhaltung. Wenn ich das richtig sehe, spielen sie die Instrumente direkt über die Verstärker, also keine PA. Los geht’s mit dem bereits oben erwähntem Stück „The Goal“, als wolle man zunächst die Spreu vom Weizen trennen, versehentlich Anwesende hauen bestimmt ab. Belohnt werden wir aber schon bei Stück #2, „Yatton“, dem zweiten Stück der aktuellen Platte, eines meiner top Lieder 2012, mehr „Neu!“ geht nicht. Man kommt die meiste Zeit nur mit Bass, Schlagzeug und Synthies aus. Goeff Barrow ist ja von Haus aus Drummer, wie er Schlagzeug spielt, das sehe ich zum ersten Mal: Die Stöcke im rechten Winkel zum Arm, also so ganz alte Schule würde ich sagen. Barrow, mit Sicherheit mehrfacher „Triphop“-Millionär, ist übrigens wie viele Rockstars recht kurz geraten, läuft in zerissenen nicht Designerjeans rum, trinkt wie der Rest der Band ordentlich Kölsch, und wirkt eher wie ein britischer Hooligan als einer der größten Musiker unserer Zeit. Er hat diese gewisse, jetzt nicht Fresse, sagen wir Mundpartie. Er steht übrigens auch selber am Merch, rollt Poster ein, verteilt Gummibänder, auch an Leute die keinen Beak>-Merch kaufen, aber vom Veranstalter ein Konzertposter bekommen haben. So sind die drauf. Ein Traum. Von Fans für Fans. Von Barrow habe ich abgesehen von der dritten Portishead von vor ein paar Jahren, und eben Beak> auch noch mitbekommen, dass er ordentlich gegen Amy Winehouse („Whiney Shitehouse“ wie er sie nennt) und deren Produzenten Mark Ronson ausgeteilt hat. Unnötig zu erwähnen, wie ich das gefunden habe. Um noch mal auf die Outfits zu sprechen zu kommen; Gig-Blog Modehinweis: Reiterstiefel sind wohl momentan der heiße Scheiß in England. Nicht nur der Death Metaller der Band trägt enge, glatte Stiefel bis zum Knie, einer der Crew trägt sie auch.

Mit „Eggdog“ geht’s weiter, eine ruhige, psychedelische Nummer, „Spinning Top“, auch von der neuen, mit „Kenn“ wird ein ganz ganz neues Stück vorgestellt. Klingt alles super. Die neue Single „Mono“, soll bald auch als 7″ erscheinen, ist wohl das zugänglichste, was die Band zu bieten hat. Hier bitte anhören und einen schönen Eindruck vom Konzert gewinnen. Denn so klingt das auch live.

Weiter geht es mit „Wulfstan“, „Dedicated to Wulfstan, Bishop Of Worcester (1002-1016)“. Weitere Lieblingsnummer. Als ich mir die „Wulfstan EP“ vor der Show kaufe, lasse ich den gesprächigen Fuller wissen, dass mir die Version auf der EP besser gefällt als „Wulfstan II“ auf der neuen Platte. Da freut er sich richtig, und teilt mir mit, dass er das genauso sehe, nur „er“ („Barrow“) findet die neue Version besser. Jetzt hätten wir ihn ja überstimmt. Merken für später im Leben: Ich habe mal Goeff Barrow von Portishead mit deutlicher Mehrheit überstimmt.

Wulfstan“ ist das „rockigste“ Stück. Liegt auch daran, dass es das einzige mit Gitarre ist. Gruselstück. Viele Metalbands würden bestimmt gerne so düster klingen, Beak> machen das mit ganz wenig Aufwand. Zwei Akkorde, und ein Tamburin auf die Snare gelegt reichen.

Eine super Show, Gags kommen auch noch von der Bühne. Z.B. labern in der ersten Reihe zwei Mädels zu laut in die nahe stehenden Mikros. Anweisung von der Bühne: Maul halten, oder wenn sie schon reden, dann müssten sie sich auch küssen. Bringt uns ruhig auch den britischen Humor (zurück) nach Deutschland.

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