MONSTER MAGNET, MY SLEEPING KARMA, 26.11.2012, LKA, Stuttgart

Monster Magnet, LKA Longhorn, 2012

Foto: Michael Weiß

Da kommt aber gerade der Ordnungs-Autist in mir voll auf seine Kosten. Schlüssel immer am richtigen Platz, Hose hängt immer am selben Stuhl, montags immer Konzert. Kein panisches „Oh oh, stimmt was nicht, stimmt was nicht!“, alles an der richtigen Stelle. Pünktlich 20 Uhr Konzertbeginn passt übrigens auch ganz gut in diese Psychoaufzählung.

My Sleeping Karma, LKA Longhorn, 2012

Foto: Michael Weiß

Die Aschaffenburger My Sleeping Karma sind mir die Jahre schon ein, zwei Mal über den Weg gelaufen. Sie pflegen weiterhin ihren instrumentalen Space-Stonerrock, der auf lange Spannungsbögen setzt. Die Songs fangen gerne langsam an, erinnern dabei etwas an Tool, steigern sich langsam, um dann in Teile mit harten Riffs überzugehen, während im Hintergrund das Keyboard Hawkwind-artige Töne von sich gibt. Einmal verstanden, merkt man, dass das Schema in etwa immer so bleibt. Andererseits ist die Musik aber dramatisch, intensiv, eindringlich. Erweckt irgendwelche seltsame Assoziationen von letzten Tagen einer Zivilisation auf fremden Welten… ja, in meinem Kopf halt, was soll ich denn machen!? Ziemlich spannende 40 Minuten, gibt’s nix.

In der zu lang geratenen Umbaupause habe ich genügend Zeit darüber nachzudenken, dass ich Monster Magnet, wie so gerne mal bei solchen Bands, zu spät kennengelernt habe. Sprich, mit dem halben Hit-Album „Dopes To Infinity“. Für die meisten Auskenner war das Thema MM da schon durch. Für die richtigen Auskenner war wahrscheinlich der Zenit schon vor Erscheinen des Debütalbums überschritten. Egal, nach besagter „Dopes To Infinity“ gab es musikalisch einen kleinen Bruch. Weg von den psychedelischen Elementen, hin zu straightem Testosteron Rock. Weg vom Psilocybin, hin zum Bier. Der Bruch war auch visuell festzustellen. Beim letzten Konzert, das ich von Monster Magnet sah, war Dave Wyndorf ganz schön aufgegangen. Der schmalwangige Mushroomhead war einem dicken Harley-Biker gewichen.

Heute Abend wird ja das Debütalbum „Spine Of God“ in voller Länge präsentiert. Kenne ich Banause natürlich nicht, aber den Satz „It’s a satanic drug thing you wouldn’t understand“, der Claim auf dessen Kollege Tox‚ gesamter Fake-Lebensentwurf gründet, den kenne ich natürlich. Eine andere Rezension meint zu dem Album „das Metal-Album für Leute, die Metal-Alben hassen“.

Und was soll ich sagen? Um Welten besserer Auftritt als das Konzert, das ich vor Jahren in der straighten Rock Phase im LKA sah. Der Sound ist wirklich gut, und die Band haut eine Energie raus, die einen umhaut. Hat natürlich auch damit zu tun, dass das Songmaterial des Albums einfach super ist. Extrem einfach reduzierte Sabbath-artige Riffs, gerne auch nur aus zwei Akkorden bestehend, aber kloppt man nur lange genug auf dieser Monotonie herum, entwickelt sich dieser hypnotische Sog, den man ja von Krautrock und Electro-Musik kennt. Das scheint auch das gut gefüllte LKA zu goutieren.

Auf dieser eigentlich stumpfen Rhythmus-Basis breitet sich der Gesang von Dave W. aus. Je nach Song mal eher Shouter und Rock’n Roller, oder auch psychedelisch schwebend. Auch gerne genommenes Stilmittel: ewig lange Gitarrensoli. Was anderswo nerven kann, gehört hier einfach hin als funktionales Stilmittel psychedelischer Musik. Aber von Earthless sind wir ja ganz andere Sololängen gewohnt.

Dave präsentiert sich in guter Form, scheint auch deutlich abgemagert zu sein. Bestätigt ja nur meine These von vorhin. Jetzt wo er wieder psychedelischere Musik macht, purzeln auch die Pfunde. „Bodyshaping durch Halluzinogene“, der Lebenshilfe-Verkaufsschlager für das kommende Weihnachtsgeschäft.

My sleeping Karma

Foto: Michael Weiß

Zwischendurch ist auch mal schlagartig die PA weg, und das Notlicht geht an. Da scheint’s wohl eine größere Sicherung rausgehauen zu haben. Die Band lässt sich aber null davon durcheinander bringen, und scheint nach der kurzen Zwangspause eher mit noch mehr Druck zu spielen. Marylin Manson säße bei sowas schon längst Bionade saufend in seinem Privatjet, back nach Hollywood, oder was weiß ich wo.

Das Konzert hat nicht einen Hänger. Einer von vielen Höhepunkten, ein Song, den man als „The End as seen by Dave W.“ bezeichnen könnte. Also „The End“ von den Doors meine ich. Ein ganz großartiger Psychoten-Stehblues. Wirklich intensives Zeug.

Das reguläre Set endet mit dem wohl letzten Song der „Spine Of God“, einen Song den Dave ankündigt mit „a psychedelic pop tune, and I’m gonna singin‘ like some fucked up 1968 dude“. Auch der Song ist wieder ganz großartig geraten, und beendet den Vor-Zugaben-Teil würdig.

Monster Magnet, LKA Longhorn, 2012

Foto: Michael Weiß

Für die Zugabe erwarte ich dann eigentlich Hits mindestens aus der „Dopes To Infinity“ Phase, aber nix. Auch hier lauter Songs, die nicht kenne. Aber alle machen fast genauso viel Spaß wie die SOG Songs. Am besten ist der letzte Track „Tractor“, mitreißend.

Beim Rausgehen noch kurzer Check, ob mir jemand Heroin in die Jackentaschen geschmuggelt hat, und in mir rumort noch die Frage, ob es eigentlich des öfteren Tourneen oder Konzerte gibt, in denen Bands ein wichtiges Album ihrer Bandhistorie komplett vortragen. Spontan fällt mir nur „Reign In Blood“ von Slayer und „The Dark Side Of The Moon“ von Pink Floyd an. Kennt irgendjemand noch andere?

Monster Magnet

My Sleeping Karma

7 Gedanken zu „MONSTER MAGNET, MY SLEEPING KARMA, 26.11.2012, LKA, Stuttgart

  • 27. November 2012 um 15:20 Uhr
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    Ist „Band-spielt-Meilenstein-Album-komplett-Live“ nicht inzwischen ein weit verbreitetes Konzept? Haben doch selbst Metallica bereits 2x (mit Master of Puppets und dem Schwarzen) bei Rock am Ring gemacht, Sonic Youth gingen 2007/2008 mit Daydream Nation auf Tour und ich hab mir vor ein paar Jahren mal in Frankfurt die Pixies angeschaut, die dort Doolittle komplett (inkl. den B-Seiten als Prolog) gespielt haben.

  • 27. November 2012 um 15:21 Uhr
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    Ist das nicht schon seit 2 bis 3 Jahren DAS Ding bei Bands, deren größte Zeit hinter ihnen liegt, dass sie diese „Wir-spielen-unser-erfolgreichstes-oder-erstes-oder-bestes-Album-oder-womöglich-alles-3-gerne-auch-auf-separaten-Touren“-Konzerte machen?

  • 27. November 2012 um 15:25 Uhr
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    im Prinzip hat’s natürlich einen schalen Absahn-Beigeschmack. Andererseits, wenn man’s überzeugend live darbietet, dann ist vielleicht doch gar nicht so falsch lieber das gute Material zu spielen, als die neuen Sachen, bei denen die Karre komplett an die Wand gefahren wurde (Danzig wäre da so ein Kandidat).

  • 27. November 2012 um 15:49 Uhr
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    Für die Fans ists natürlich toll. Ich wär auch sehr gern zu einem der Killing Joke- und einem der The Cure-Konzerte gegangen, auf denen sie ihre ersten beiden bzw. ihre ersten drei Alben komplett gespielt haben.

  • 27. November 2012 um 23:12 Uhr
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    QOTSA S/T letztes oder vorletztes Jahr fällt mir noch ein, und Melvins „Houdini“. Beim ATP Festival gab’s auch noch solche Aktionen, speziell für diesen Anlass. Ich gebe Dir Recht – hat schon ein arges Gschmäckle, und wird uns mit Sicherheit noch öfter aufgedrängt. Ich war ja letztes Jahr auch bei Monster Magnet, als sie , bzw. der eine, der frühere Dicke, die „Dopes“ noch mal ordentlich ausgequetscht hatten. Auch in voller Länge und sehr enttäuschend das Ganze. Übelstes gepose, ganz ganz schwach insgesamt. Dann auch noch immer der unvermeidliche aufgewärmte Merchandise. Yuk. Konnte ich ja nicht ahnen, dass das Jahr darauf die „Spine“ auch noch dran glauben muss.

    Übrigens – falls Du Dich fragst, warum Dir die „Spine“ jetzt so gut gefällt, ich verrat’s Dir: Weil Dein Dicker FB-Kumpel John McBain auf dieser mitgespielt hat. Aber ich glaub ja immer noch, „you wouldn’t understand…“

  • 28. November 2012 um 08:35 Uhr
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    ah ok, Mister McBain, das erklärt einiges. Motörhead werden ja das Problem nicht haben, ein besonders herausragendes Album aus ihrem Gesamtwerk herauspicken zu müssen, um es dann in Gänze live zu spielen. 1:0 Lemmy!

  • 28. November 2012 um 10:51 Uhr
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    Ich finde das ein gutes Konzept. Man stelle sich vor, Depeche Mode würde die ganze Speak & Spell oder A Broken Frame spielen, anstatt die neueste Platte in der Mercedes-Benz-Arena verklickern.

    Oder noch abgefahrener: Kraftwerk würde für jedes der 8 Alben 8 Konzerte an 8 aufeinanderfolgenden Tagen spielen… Moment mal, die machen das sogar, vom 11. bis zum 20.1. Und ich Dussel fahr nicht nach Düsseldorf.

    Siehe

    https://www.kraftwerk.com/concerts/index-concerts.html

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