KRAFTKLUB, 11.10.2012, LKA, Stuttgart

Kraftklub

Foto: Steffen Schmid

Ich bin am Sack! Und zwar richtig. Gestern noch einen hinter die Binde gelehrt (kommt von lehren), heute total belämmert. Müde, schlecht gelaunt, grantig, bissle krank. Da bekomme ich ne Mail, dass Kraftklub heute Abend klappt. Der Hate-Slam beginnt immer im Kopf. Ich bin ja selbst schuld und trage mich für das Konzert ein. Wer aber erinnert sich denn noch an Sachen von vor… zwei Monaten oder so? Geh ich halt hin. Ordentlich abhotten.

Mit dickem Kopf komme ich im LKA an, die Vorband habe ich verpasst. The Durango Riot heißen die. Hol ich mir halt noch ne Cola und such den Schmoudi. Finde ihn aber nicht. Der Cola fehlt ein bissle die Cohlensäure. Heißt das so bei Cola? Oder Colasäure? Ich hab ja Zeit zum Nachdenken. Ist noch nicht so laut. Das einzige, was ich so konzerttechnisch bemerke, ist ein großes „K“ auf der Bühne und das durchgemixte Publikum. Ganz vorne sind die jungen wilden (wo ich sein sollte) ganz hinten sind Oppa und Omma und lehnen sich ans Geländer (wo ich mich auch anlehne). Und plötzlich, zackbumm, gehts los. Die Lichter flackern, alle johlen, klatschen und grölen und Kraftklub kommt auf die Bühne. Sympathische Jungens sind das.

Kraftklub

Foto: Steffen Schmid

Ich kenn die bisher eigentlich auch nur so. Vom Hörensagen irgendwie. Als popkulturelle Phänomene, über die jeder redet, aber keiner weiß was von denen. Außer, dass sie auf keinen Fall nach Berlin möchten. Ich würde ganz gern mal wieder nach Berlin. Nicht grad zum Wohnen, aber für Urlaub oder sowas. Vielleicht aber eher im Frühjar wieder. Weil im Winter ist’s halt doch selten wo schöner als zuhause. Außer vielleicht in nem Winterland wie Island, oder so.

Die pusten mir den Kopf durch und zwar ganz gewaltig. Ich meine, das erste Lied ist „Ritalin/Medikinet“ und geht schon recht gut nach vorne. Das „K“ sieht aus, wie ein Kolletschjackenaufnäher und kann alles: Rot, Grün, Blau und Weiß leuchten und außerdem sind außen noch Lampen angebracht. Überhaupt ist die Lightshow, wie der Schmoudi so schön sagt, ziemlich cool. (wir haben uns mittlerweile gefunden, falls es jemanden interessiert.) Mit bisschen angelesenem Wikipediawissen, weiß ich jetzt auch, dass der Frontmann der Rap/Indie- Gruppe Felix heißt und nicht gern so genannt wird. Also Frontmann. Nicht Felix. Ist ja sein Name. Sagt man Frontmann denn noch? Frontmann. Hat Züge von nem Nachtmahrauftritt. Wie bitte? Na die Haare und die Lichter?

Kraftklub

Foto: Steffen Schmid

Egal, also Partytechnisch stellt das Konzert ganz neue Maßstäbe für mich auf. Da ist alles dabei. Laola-Welle, hinsetzen und aufspringen, Im-Takt-Klatschen, Pogo und Wall of Death. Alles nicht von der Band gewollt. Und obwohl ich mich mit Mühe und Not auf den Beinen halte, wippen diese trotzdem mit. Erstaunlich. Erstaunlich eingängig und vor allem unterhaltsam. Frontmann Sprechsänger Felix Brummer hat das Publikum fest in der Hand, alles ist wunderbar getimed und lachen muss ich auch manchmal. Leider verstehe ich nicht immer alles, was die Band singt. Macht aber gar nix, denn etwa 98,2% der Zuhörer kann alles auswendig. Auch während sie in die Luft springen und ich mich am Geländer festhalte.

Nur ein paar vereinzelte sind, glaube ich, heute (nur) zum Saufen da. Einen erblicke ich ganze fünf mal mit jeweils zwei Bier in der Hand. Läuft immer an mir vorbei. Und immer wackeliger. So geht Konzert. Kraftklub unterbindet, Gott sei Dank, Seven Nation Army- Gedöle und – Achtung, Politik im Konzerteblog – erzählt was über die Röhre. Noch kein Album, bisher nur ne EP, Röhre Voll, Kraftklub glücklich. Wann, bitte wann, läuft das Fass über und alle flippen aus? Außerdem lernen wir was: Die Schweden kommen aus Schweden, krank auf Tour zu sein, ist geil und Böblingen, Reutlingen und Waiblingen haben entschieden zu viele -ingen in sich. Nicht die Frau, sondern das Althochdeutsch/germanische Suffix. Süffig!

Kraftklub

Foto: Steffen Schmid

Kraftklub spielen ihr Album „Mit K“ wie Vollprofis und so arg voll alt sind die ja nun auch noch nicht. Viel Spaß macht’s aber, ihnen bei ihrem Auftritt zuzuhören und sie dabei anzuschauen. Auch wenn das Blitzlichtgewitter mir Kopfschmerzen bereitet. Und sozial sind sie. Sie holen The Durango Riot nochmal auf die Bühne, die eine schicke Coverversion von Blitzkrieg Bop dazwischenschieben. Hab ich sie also doch noch gesehen, die Supporter. Yeah, Häkchen. Die Fans flippen immer mehr aus, einer macht Crowsurfing (dt. Krautsurfing) und, wie ich bereits sagte, bräuchte es Kraftklub garnicht. Die Songs werden ohne sie ebenso gesungen. Und auch wenn da jetzt nicht die neuen Trent Reznors auf der Bühne stehen, sind die Texte eingängig und viel wichtiger: Alle fühlen sich irgendwie angesprochen. Außerdem ist „Scheißindiedisco“ ja fast schon moderne Poesie. Wie für Nachwuchsphilosophen.

Über-Hits wie „Eure Mädchen“, „Randale“ und „Ich will nicht nach Berlin“ kenne sogar ich, die heben sie sich aber fürs Finale auf. Brummer spritzt Wasser aus seinem Mund in die Menge, während ich an Herpes denke. Den anderen macht das nix, die fordern immer mehr. Und das bekommen sie auch. Das da auf der Bühne ist wirklich ein Phänomen. Die bespaßen bespielen ihr Publikum und ich kann mich nicht dagegen wehren, es ziemlich fetzig zu finden. Und sauber. Will ich auch gar nicht. Jetzt aber Achtung mit den verschwitzten T-Shirts. Draußen ischs nämlich kalt.

Kraftklub

Foto: Steffen Schmid

Ein Gedanke zu „KRAFTKLUB, 11.10.2012, LKA, Stuttgart

  • 15. Oktober 2012 um 08:36 Uhr
    Permalink

    Wenn ich dieses Logo mit den zwei Pommesgabeln schon sehe…
    Aber zugegeben: Auch auf dem Southside diesen Sommer eine große Sause!

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