WEDNESDAY 13, MICHAEL MONROE, CRASHDIET, 02.12.2011, Electric Ballroom, London

Wednesday 13

Foto: Sue Real

I have sailed the World, beheld its wonders,
From the Dardanelles,
To the mountains of Peru,
But there´s no place like London!
(Sweeney Todd)

Es ist Freitagabend. Ein süßlicher, verruchter Duft liegt über der Camden High Street und dringt durch die Eiseskälte in unsere Nasen. Wir sind nicht in einem der Nobel-Viertels in London. Nein, wir befinden uns in Camden. Hier herrscht der Rock´n Roll. An allen Ecken sieht man junge und alternde Punks, Jungs in engen, zerrissenen Jeans mit verschmiertem Make-up und auftoupierten Haaren; Mädchen, die weniger Stoff an sich haben als die Queen an ihren Händen. Sie wäre sicherlich „not amused“. Hier stört das Niemanden. Man freut sich gemeinsam mit Bier, Weed und schmutzigen Witzen auf ein tolles Konzert.

Wednesday 13, der schon Anfang des Jahres mit Joey Jordison und den Murderdolls London unsicher gemacht hat, lädt zum Abschluss seiner „Something wicked this way comes“ UK-Tour in den berühmt berüchtigten Electric Ballroom ein. Mit im Gepäck hat er niemand geringeren, als die finnische Sleaze und Glam-Ikone Michael Monroe. Bekannt als Frontmann Hanoi Rocks´, begibt dieser sich nun nach deren Auflösung solo auf die Jagd. Mütter schließt eure Töchter ein, die Teufel sind in der Stadt.

Crashdiet

Foto: Sue Real

Überpünktlich betreten Crashdiet aus Schweden die komplett in Nebel getauchte Bühne, um die beinahe erfrorene Masse im ausverkauften Ballroom auf Temperatur zu bringen. Mit ihrem neuen Sänger Simon Cruz, der den leider schon jung und tragisch verstorbenen Dave Lepard ersetzt, starten sie ihr Set mit dem Adept-Cover „Riot in Everyone“. Sowohl musikalisch als auch optisch passen sie perfekt in das heutige Line-up und erhalten verdienter Maßen auch eine überaus positive Resonanz. Schmutzige Punk-Riffs treffen hier auf den typisch schwedisch melodie-lastigen Metal-Sound, der es mit KISS in einem Hinterhof treibt.
Nur 30 Minuten dürfen die Skandinavier die Menge bearbeiten, nutzen diese aber mehr als genug um mit Songs wie „Generation Wild“ oder „Breaking the Chainz“ die sehr an Faster Pussycat und Mötley Crüe erinnern, sicherlich mehr als nur einen neuen Fan heute Abend für sich zu gewinnen. Ja, Glam-Rock ist wieder am kommen. Ass tight!

Hat man nun in Deutschland die Gelegenheit sich in der Umbaupause ein Bier zu holen, so arbeitet man hier in London wohl etwas schneller. Binnen 10 Minuten wurde das eine Set ab – und das nächste aufgebaut. Kein Bier. Sehnsüchtig wird Michael Monroe erwartet. In der Menge tauchen mehr und mehr blond auftoupierte Jungen und Mädchen auf, man kann im abgedunkelten Licht nicht mehr erkennen, wer nun welchem Geschlecht angehört. Die 80er lassen grüssen.

Michael Monroe

Foto: Sue Real

Pünktlich wie die morgendliche Wachablösung am Buckingham Palace gehen die Lichter wieder aus. Mr. Monroe betritt die Bühne. Mehr Kajal und Haarspray hat sicherlich auch Nikki Sixx in seiner Blütezeit nicht auflegen können. Das wird was Großes!
Los legen die Finnen mit ihrem Opener „Trick of the Wrist“. Die Menge ist nicht mehr zu halten und so lässt es sich Monroe auch nicht nehmen, ein ordentliches Bad darin zu nehmen und lässt jeden in der ersten Reihe mal ins Mikro grölen. Zwischendurch greift er immer wieder zum Saxophon, sehr abwechslungsreich und unterhaltsam das Ganze. Mehr und mehr kristallisiert sich für mich heraus, Monroe ist das Musterbeispiel eines Frontmanns. Keine Sekunde verliert er die Aufmerksamkeit des Publikums. Natürlich lässt er sich mehr feiern als eigentlich nötig, aber bei so einer Show ist das ja auch mit inbegriffen. Jetzt spielt er auch noch Mundharmonika! „Modern Day Miracle“, „Nothin´s allright”, „Back to Mystery City”, die Fans kennen alles, sie lieben es. Mittlerweile stellt sich mir die Frage ob nicht doch mehr Leute Monroes’ wegen hier sind. Ein wirklich total sympathischer, authentischer Kerl, der sich auf der Bühne für nichts zu schade ist, was auch für den Rest der Band gilt.
Als die letzten Töne von „Malibu Beach Nightmare” verklingen, fordert die Menge lautstark nach mehr. Die Roadies sind bereits am Abbauen, da betritt er die Band nochmals, mit Sicherheit spontan, da schon drei Becken am Schlagzeug fehlen, um die Gier mit ihrem Hit „Dead, Jail or Rock´n Roll“ zu stillen. Danach ist dann wirklich Schluss. Man kann jetzt schon sagen, das wird schwer für Wednesday 13, diesen Auftritt noch zu toppen.

Wednesday 13

Foto: Sue Real

Es wird Zeit für die Gruselstunde. Solange darf Wednesday 13 auf der Bühne sein Unwesen treiben und über seine liebsten Horrorfilme und Kindheits-Erinnerungen zu singen.

Es braucht nicht viel, um die Stimmung weiter aufzuheizen. Man sollte einfach sein Gehirn an der Garderobe abgeben, nicht allzu hohe Ansprüche an Text und Songstruktur stellen und schon kann es losgehen. Die Lichter erlöschen und das Intro „Blood Fades to Black“ vom neuen Album „Calling all Corpses“ erklingt. Bereits als die Band die Bühne betritt, stellt man fest, dass Wednesday das trashige Tedneck Auftreten abgelegt hat. Zerissene Hosen und Shirts mit Zombie-Aufdrucken, oder sogar kitschige Oma-Kleidchen zu Zeiten seiner Jugendband, den „Frankenstein Drag Queens from Planet 13“, mussten sauberen schwarzen Jeans und Hemden weichen. Man wird eben doch irgendwann erwachsen. Nichtsdestotrotz rocken die fünf Ghouls aus Kalifornien mit dem Album gleichen Songtitel „Calling all Corpses“ nach vorne. Camden tanzt. Bei „I walked with a Zombie“ besingt Wednesday 13 eine untote Geliebte, das Publikum tut es ihm im Refrain gleich. Das ist simpel, eingängig und macht trotzdem jede Menge Spaß. So zieht es sich auch immer weiter durch das gesamte Set. Auch Wednesday möchte immer wieder vom Publikum beklatscht und bejubelt werden, so impulsiv wie bei Michael Monroe fällt dies allerdings nicht aus. Es fällt auch auf, dass nur Wednesday auf der Bühne in Bewegung ist. Der Rest der Band spielt das Set eher emotionslos herunter.

Es wird einen Gang härter. Mit „Scream Baby Scream“ des „Skeleton“ Albums wagt man sich nun eher in den Metal-Bereich vor, was vom Publikum sehr wohlwollend aufgenommen wird, immer wieder unter den Anfeuerungen Wednesdays. Dieser wechselt alle zwei Lieder immer mal wieder das Outfit, mal mit Cowboy Hut oder Schirmmütze. Mit der Homage „I wanna be cremated“ an den Ramones-Klassiker „ I wanna be sedated“ feiert Wednesday einen weiteren Mitgröhl-Song mit dem begeisterten Publikum, welches wohl innerhalb der letzten zwei Monate das komplette neue Album auswendig gelernt haben muss. „Happily ever Cadaver“, „Rambo“, „Till Death do us Party“, all die eingängigen Ohrwurm-Hits, die ein Wednesday 13 Konzert braucht, die ein Wednesday 13 Konzert ausmachen, werden dem Publikum serviert. Oft sind es die einfachen, unkomplizierten Dinge, um Menschen zu begeistern. Egal wohin man im Ballroom blickt, man sieht Freunde zusammen lachen, man singt jeden Song Arm in Arm mit. Da stört es auch nicht, dass Wednesday das Konzert nicht mit dem von allen Seiten lauthals verlangten „I love to say Fuck“ abrundet, sondern mit der neuen, gleichwertigen Rausschmeisser-Hymne „Something wicked this way comes“.

Um Punkt 21.45 gehen die Lichter im Electric Ballroom wieder an. Recht ungewohnt, aber andere Länder, andere Sitten. Nur eines bleibt das gleiche, der Spaß den man zusammen auch an den einfachen, unkomplizierten Dingen haben kann. Seien es auch nur Songs mit 3 Akkorden. Und nun wieder hinaus in die kalte, sündige Nacht Camdens.

Wir müssen gefährlich sein!

Crashdiet

Michael Monroe

Wednesday 13

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