HANNAH PEEL, ERLAND & THE CARNIVAL, 06.05.2011, Manufaktur, Schorndorf

Erland & The Carnival

Foto: Lino

Mal wieder einer dieser Abende, an denen man hinterher „Wo wart ihr denn alle?“ rausschreien möchte. Dass es ein schöner Konzertabend werden könnte, damit hatte ich schon schwer spekuliert, denn schließlich sind mir beide Acts aus Zeiglers Wunderbare Welt des Pop bekannt, was einer der Qualitätsgaranten schlechthin ist. Dass es dann so ein fantastisches Konzert wird, war dann aber doch eine Überraschung, eine angenehme natürlich.

Die Manufaktur präsentiert sich leider nur mäßig besucht, als es um 20 nach neun mit Hannah Peel losgeht. Die gebürtige Irin erscheint im weißen Kleid, und sieht irgendwie ganz entzückend nach Mädchen aus einer britischen Jugendserie, irgendwann vor 30 Jahren, irgendwo auf dem Land aus. Sie steht zunächst alleine auf der Bühne, bewaffnet mit einer Musicbox, und gibt New Orders „Blue Monday“ in einer zarten Folk-Pop Version wieder. Musicbox? Kannte ich bisher noch nicht. Das ist ein kleiner Holzkasten, an dem sie schnell kurbelt, somit eine Lochkarte durch das Gerät zieht, welche wiederum Spieluhren-artige Geräusche von sich gibt. Wie sie uns nach dem Konzert mitteilt, stellt sie die wohl selber her.

„Song Of The Sea“ ist der zweite Song. Der Gitarrist von Erland & The Carnival ist mittlerweile hinzugekommen und begleitet sie. Wunderbarer Song! Sie selber begleitet sich an Synths und Piano. Das alles klingt ungemein unprätentiös und angenehm. Ihre klare Stimme ist wirklich toll, dabei aber von einer schlichten Schönheit. Kein Gewimmere oder Akrobatik-Gejaule, oder was sonst in Castingshows gerne für guten Gesang gehalten wird, sondern einfach nur schön, klar, geradeaus gesungen mit einem sehr wohlig klingenden Timbre. Weiter geht’s mit „a traditional irish song“, wie sie es selber ankündigt. Mittlerweile hat sich der Schlagzeuger von E&TC hinzugesellt und steuert elektronische, perkussive Beats bei, während Hannah wieder das Holzkästchen ausgepackt hat, und fleißig sich einen abkurbelt.

Uns, dem Publikum, gefällt der Auftritt ausgesprochen gut. Der Sound ist, wie so oft in der Manufaktur, sehr gut, und der zwischen Amanda Applewood und den griffigeren Momenten von Christy & Emily schwebende Folk-Pop einfach zu gut, als dass es einen unberührt lassen könnte. Der letzte Song „Solitude“ beendet den halbstündigen Auftritt. Bezaubernd!

Nach einer sehr kurzen Umbaupause beginnen die fünf Boys von Erland & The Carnival um viertel nach zehn ihr Set. Und der Auftritt macht von der ersten Sekunde an Laune, und das wird sich das ganze Konzert hindurchziehen. Wie soll man ihre Musik beschreiben? Gar nicht so einfach. Es klingt durch und durch britisch, ist aber doch kein gewöhnlicher Britpop, sondern eine unwiderstehliche Mischung aus Agentenfilmgitarren, 60ies-Psychedelicpop mit Syd-Barrettschen Harmoniefolgen wie sie gerne auch mal Graham Coxon benutzt, Folkmelodien britischer Tradition, gepaart mit einer Menge rhythmischer Energie. The Coral in früheren Zeiten könnte einem vielleicht als vager Bezugspunkt einfallen.

Erland Cooper himself hat ein bartloses Bubigesicht, muskulöse Oberarme, und überzeugt durch seine tolle Stimme, starke Bühnenpräsenz und Retro-Gitarrenhaltung. Die Band lässt gar nichts anbrennen, spielt nuanciert, weiß wie man leise und zart zu spielen hat, aber ebenso laut, und wenn es sein muss auch mal psychedelisch-noisig. Beim vierten Stück wird die Band von Hannah Peel unterstützt.

Das ganze Konzert ist ein einziger Höhepunkt mit nicht einer, aber wirklich nicht einer einzigen Länge. Wenn man denn unbedingt Songs herausheben will, dann vielleicht „Springtime“ oder „I’m Not Really Here“, oder aber natürlich Trouble In Mind. Ein Lied, ähnlich wie Orwells Tout Entier, bei dem man sich ungläubig fragt, wie denn das noch nicht jemand zuvor geschrieben haben kann. In einer besseren Welt wäre das ein Hit.

Falls mir jemand nicht glauben mag, die Zuschauer sind wirklich begeistert, tanzen, und holen die Bands für zwei Zugabenblöcke zurück. Insgesamt sechs Songs gibt es als Zugaben, Hanna Peel ist auch wieder dabei. Auch hier wieder kein Füller, kein Moment des Nachlassens, alles super Songs, die einen mitreißen.

Erland erzählt uns nachher, dass er sehr zufrieden sei, wie die Deutschlandtour gelaufen sei, und wie die Zuschauer sie aufgenommen hätten. Muss man so glauben, denn wie soll man denn eine Band, die live so grandios abliefert, nicht mögen?

Erland & The Carnival

Foto: Lino

3 Gedanken zu „HANNAH PEEL, ERLAND & THE CARNIVAL, 06.05.2011, Manufaktur, Schorndorf

  • 8. Mai 2011 um 20:53 Uhr
    Permalink

    super kleid!!! oh und der pony!!

  • 15. Mai 2011 um 20:13 Uhr
    Permalink

    Ich habe sie in Frankfurt sehen dürfen, hätten auch mehr Besucher sein können. Aber der Abend war fantastisch!!!! Sie sind so großartig, dass ich sie sofort wieder sehen möchte :)

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