ROLF MILLER, 09.04.2011, Theaterhaus, Stuttgart

Foto: Promo

Stimmvieh macht auch Mist. Betet der Mappusweg sinngemäß in die Kameras. Und ist dann mal mappusweg. Kein Wunder, bei dem Wahlkampf, spricht der Bürger. Das ganze Gestammel, Getaumel und Gestrauchel, die unbeholfenen Halbsätze, das Themenhopping, die springenden Standpunkte. Nein, das geht so nicht.
Oder muss besser werden.
Professioneller.
So wie bei Rolf Miller.

Ein halbes Jahr ists her seit der letzten Begegnung, diesmal betrachtet Miller seine Stammtischwelt von der Bühne des Theaterhauses aus.

Und steigt sofort ein. Unfall bei Glatteis. Die Brüder Achim und Jürgen, Dreh- und Angelpunkt im Aberwitz der Alltäglichkeiten, fangen einen A6 beim Ausparken ab. Natürlich besoffen. Beide liegen anschließend im Krankenhaus, Untersuchung auf Ding-do, Schädelbasis. Nichts gefunden. Und die Versicherung zahlt natürlich nicht, eiskalt, wie sie ist.

Nächste Klappe, Jürgens Trennung von der Freundin beziehunsweise andersrum. Der Grund – Seitensprungbub Lukas, gezeugt auf einem Bahndamm, stilecht nach einem weiteren Saufgelage. Rabiat, wie Freundin Namenlos mit Weltproblemlösungsmine ist, räumt sie die gemeinsame Wohnung GSG9-mäßig leer und lässt nur einen Blumentopf voll Zigarettenstummel zurück. Obwohl sie früher mal im rotationsreligiösen Indien war, bei den Aussätzigen gesessen und damit eigentlich auf sozial gebürstet ist.

Frauen halt.
Besser bei den Männern bleiben.
Sprich Rüdiger Nehberg und Reinhold Messner. Frühmorgens stehen sie auf und überleben da schon, mittags überleben sie weiter, abends überleben sie noch ein paar Stunden, bis sie bettfein sind.

Achims wie Jürgens alltägliches Fettnäpfchen plus die Verwandtschaft bildet quasi das Hauptquartier, von dem aus Rolf Miller unzählige, stets zielsicher rhetorisch schief gehende Ausflüge in die Geschichte und die Großpolitik unternimmt. Mal schaut er bei den Amis und deren Kampftrinkerfraktion, den Indianern, vorbei, mal bei Kredithaien und deren Finanzkrise, mal bei Sprachtests für Ausländer. Pro Station umfasst die Verweildauer meist nur wenige Sätze, Ausnahmen bilden die 70er zwischen Schleyer und RAF sowie das Altmeisterduo des Boxens Foreman-Ali.

An Millers routiniert zur Schau gestellter rhetorischer Unbeholfenheit, präsentiert im (sitzenden) Dreiviertel-Walzer breitbeiniger Stammtischposen, unterfüttert von einhändigen Gesten wie das Zwei-Finger-Bier, hat sich das letzte halbe Jahr nichts geändert. Wenn man in Stimmung ist, dann ist das der Brüller, keine Frage, und das Publikum war zum Großteil in Stimmung. Zur Mitte des zweiten Teils hin schleichen sich ein paar Längen ein, die monotone Frequenz des Oberkörper-Metronoms Miller ermüdet etwas, dann ist Schluss, kurz und knackig.

Zuletzt: Für die Zugabe wünscht sich Miller zum 20-jährigen Bühnenjubiläum ein nettes Ständchen von zwei Jungs namens Raphaelias.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.