SODOM, 20.02.2011, Rockfabrik, Ludwigsburg

Roberto Blanco

Foto: Steffen Schmid

Wir wurden geknebelt. Und mussten diesen Artikel unter höchster Geheimhaltungs-Stufe zurückhalten. Wir sind ja nicht irgendwer, hier beim gig-blog. „Exklusiv“ (oder so) hatte die Story exklusiv. Deshalb gibt’s die unsere erst heute.

Sodom-Frontmann Tom Angelripper, einziges konstantes Bandmitglied, verschwindet nach zwei Dritteln der Show zu einer (vorgetäuschten) Pinkelpause, und ein dunkelhäutiger Mann betritt statt Tom breit grinsend die Bühne. Man könnte wirklich zu dem Schluss kommen, dass da ein ziemlich gutes Roberto Blanco-Double aus noch unklaren Gründen Teil der Show werden wird. Doch nach wenigen Sekunden ist klar, dass das kein bezahlter Doppelgänger sein kann, nein, er ist es wirklich, die Stimmungskanone #1, der echte Roberto Blanco (73!) steht da wieder mit dem vollzähligen Trio Sodom auf der Bühne, und rockt eine highspeed Metal-Variante von „Ein bisschen Spaß muß sein“, inklusive Metal-Posen und angetäuschtem Crowd-Surfing runter. Sagenhaft. Black Metal 2011.

Roberto Blanco

Foto: Steffen Schmid

Hoher Unterhaltungswert, um uns herum nur freudiges Lachen, Top-Aktion, die ich zunächst noch für ein Geburtstagsgeschenk halte (Angelripper wurde am Vortag nach seinen Angaben 28), sich aber als TV-Werbespot für eine Demenz/Alzheimer-Stiftung entpuppt, der in Kürze ausgestrahlt werden soll. Wer sich in dieser Stiftung engagiert, oder ob gar Betroffene auf der Bühne stehen, wir haben es nicht erfahren. Das ganze hätte auch in die Hose gehen können, aber es gibt nur die positiven Pfiffe und den lautesten Applaus des Abends. Ein 2. Take wird runtergerockt, anschließend scheitert der Versucht das Intro zu dem Filmchen abzudrehen, bei dem es eigentlich totenstill hätte sein sollen. Das war dann doch zuviel verlangt, dafür war die Stimmung zu aufgeheizt („Pillemann Otze Arsch“-Gesänge, leider). Wir hatten uns vor dem Platzen der Roberto-Bombe schon gewundert, dass um die Bühne herum ungewöhnlich reger Betrieb herrschte, und ein uniformierter Koch regelmäßig im Bühnenbereich zu sehen war. Für die Ruhrpottler hat dieser die Pommes rot/weiss wahrscheinlich nicht zubereitet.

Sodom

Foto: Steffen Schmid

Anschließend gesteht Angelripper, dass es jetzt ziemlich schwer fallen dürfte wieder richtig „böse“ zu sein, nach diesem Ausflug in den Schlager, der ja nicht der erste für Sodom war, es gibt ein sehr gelungenes Cover von Udo Jürgens‘ „Aber bitte mit Sahne“ von der gleichnamigen EP. Doch zurück zum Anfang der Show, und einer Band, der heute ca. 500 Fans Tribut zollen, die Rofa also nur ungefähr halb gefüllt. Sodom – Urgesteine des Thrash-Metal, wie Kreator den Zechen des Ruhrpott Anfang der 80er Jahre entstiegen, spielen heute das letzte Konzert der Tour in der Rofa, natürlich wird über dieses freudige Ereignis berichtet.

Sodom

Foto: Steffen Schmid

Um 1991, zur Blütezeit von Thrash, dürfte ich die Band für mich entdeckt haben. Es war schön zu sehen, dass es neben Slayer, Anthrax, Sepultura etc., auch einheimische Bands gibt, die sich hinter den Giganten von der anderen Seite des Teiches nicht zu verstecken brauchten. Sodom hatten damals in der Metal-Clique den Ruf weg, nicht nur Satanisten zu sein, nein, am Namen würde man erkennen können, dass es sich auch noch um Sodomisten handelt. Unumstößlicher Beweis: Das Cover des „Mortal Way Of Live“-Albums, auf dem wilde Sachen mit zahmen Haustieren zu sehen sind. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich das mit 14 tatsächlich geglaubt hatte, ähnlich wie das Gerücht, AC/DC würde für „Antichrist/Deadchrist“ stehen, und die eigentlich harmlos/normal wirkenden Australier wären hinter der Fassade härteste Satanisten. Offensichtlichere Satanshuldiger sind heute verhältnismäßig wenige im Publikum, das ist das Erste was ins Auge fällt, relativ viele Normalos wie Schmoudi und ich, Quartalsmetaller, die es zu Helden aus der Jugendzeit zieht.

Sodom

Foto: Steffen Schmid

Sodom haben Ende 2010 ein neues Album vorgelegt, „In War and Pieces“, und mit dem gleichnamigen Titelstück geht die Show los. Klares Statement, das neue Material wird nicht hinter alten Klassikern versteckt, und die Fans feiern gleich das erste Stück ordentlich ab. Mit einem weiteren Titelstück geht es weiter im Programm, „M-16“ vom gleichnamigen 2001er Album. Man sieht, bei Titeln aber auch bei den Album-Covern wird bei Sodom nicht unnötig experimentiert, die Themen Krieg, Waffen und der Tod spielen immer noch zentrale Rollen, die man aber, insbesondere wenn man den sympathischen Frontmann Tom Angelripper bei der Show erlebt, nicht bierernst nehmen darf, bzw. sogar eher als Anti-Kriegs-Statements gemeint zu sein scheinen. Weiter im Programm: Die Highspeed-Nummer „Outbreak Of Evil“ aus den frühen Tagen, in denen Sodom wohl noch dem Black Metal zuzuordnen gewesen waren ist schon super, dann kommt mit „The Saw Is The Law“ vom (wieder) gleichnamigen Album „mein“ erster Sodom-Hit von 1991, und das Riff gefällt mir immer noch. Nicht ungewöhnlich für Angelripper auch deutsche Texte zu singen, auf vielen Alben findet sich eine solche Nummer, wie der jetzt folgende „Wachturm“, den Angelripper ums Verrecken nicht gegen seine Pornohefte eintauschen will. Unverzeihlich wäre es gewesen, „Agent Orange“ vom (welch Überraschung) gleichnamigen Erfolgsalbum auszulassen, das wissen die Männer aus dem Pott, daher wird die Pflichtnummer natürlich gespielt, gefolgt von einem sehr anständigen Cover von „Ace Of Spades“, gefolgt von „Remember The Fallen“.

Sodom

Foto: Steffen Schmid

Keine Zugabe, obwohl noch einige gute Stücke im Patronengurt von Sodom stecken, aber das war schon ok, letzte Show, kaum noch Stimme, 2x mit dem rüstigen Greis für’s Fernsehen rocken, mehr kann kaum verlangt werden. Heute haben wir gelernt, dass deutscher Schlager und deutscher Metal Qualitätsprodukte aller erster Güte sein können, und dass die besten Stücke von Sodom häufig die jeweiligen Titelstücke sind.

Roberto Blanco

Foto: Steffen Schmid

Roberto Blanco

Sodom

7 Gedanken zu „SODOM, 20.02.2011, Rockfabrik, Ludwigsburg

  • 27. Februar 2011 um 14:38 Uhr
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    Gibts davon irgendwo eine Tonaufnahme? Das ist ja fast so hart wie der Musikantenstadelabend. Blanco goes Metal…ich glaubs net ;)

  • 27. Februar 2011 um 15:23 Uhr
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    Endlich versteh ich, für was „Black Metal“ steht :-)
    Freu mich schon auf Slayer featuring Hansi Hinterseer beim Musikantenstadl, anmoderiert von Angelripper Borg…

  • 1. März 2011 um 10:04 Uhr
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    Roberto Blanco: hardest working man in Schlager business.
    Habe ihn mal aus widrigen Gründen beim Wasen-Fassanstich im Grandl-Zelt miterlebt und die Leute interessierten sich nicht wirklich für ihn. RB knüppelte vollkommen schmerzfrei seine Laune-Songs durch und am Schluss tanzten die Stuttgarter Honoratioren auf den Tischen.

  • 1. März 2011 um 20:28 Uhr
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    Roberto Blanco zeigt die Pommesgabel. Herrlich! Das wird das Bild des Jahres, ich sag’s Euch.

  • 1. März 2011 um 22:05 Uhr
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    Heißer Anwärter das Bild, wobei mir das mit Tom Rücken an Rücken auch sehr gut gefällt.

  • 2. März 2011 um 18:37 Uhr
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    Wow, die Rofa hat aber nen großen Keller.

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