PETER AND THE TEST TUBE BABIES, 19.12.2010, Röhre, Stuttgart

Peter and the Test Tube Babies

Foto: Steffen Schmid

Konstanten, so sagt man, seien wichtig im Leben. Sie geben Halt, stehen sie doch für einen unveränderlichen, gleichbleibenden Wert. Gleich zwei Konstanten trafen am Sonntagabend aufeinander, haben aber – so viel sei verraten – das Raum-Zeit-Kontinuum glücklicherweise nicht durcheinander gewirbelt. Eine dieser Konstanten ist Peter Reinhardt, seines Zeichens Chef der Röhre und schon seit ewig und drei Lederjacken im Club- und Rock’n’Roll-Business unterwegs. Wer Peter kennt, kennt auch seine bruddlige Art – und genau so saß er am Sonntag wieder an der Kasse. „Saget a mol, was glaubet ihr eigentlich, worom i hier hock?“: Wer Leute, die nicht lang genug ihre Eintrittskarte vorzeigen, so charmant von der Seite anraunzt, ist definitiv ein Guter. Merke: solange Peter bruddelt, ist die Welt noch in Ordnung. Die zweite Konstante an diesem Abend waren natürlich Peter Bywaters und seine Retortenbabies. Die kommen seit gefühlten einhundert Jahren immer wieder kurz vor Weihnachten in Stuttgart vorbei, grad so, wie ein paar Tage später das Christkind. Als Geschenke hatten die Punk-Rocker aus Brighton angedroht, diesmal Klassiker anderer Bands zu verwursten. Und verkleidet hatte sich der gute Peter denn auch – nicht als Weihnachtsman, sondern als Elvis in seiner schmierigen Las Vegas-Zeit. Das ließ auf einen lustigen Abend hoffen – auch wenn bauchfrei bei so ’ner Plautze nicht jedermanns Sache ist. But hey, so what?

Also fix noch ’nen Tequila gekippt, den Plastikbecher wieder mit Rotwein aufgefüllt und mit einem Grinsen im Gesicht mitgewippt. Die Knaller „Never made it“, „Intensive Care“, „Wanna rob a Bank“, „Elvis is dead“ oder „The Jinx“ liefen Anfang der 80er bei uns in jedem Kassettenrekorder rauf und runter, was besonders bei Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht immer für Erheiterung der anderen Fahrgäste sorgte… Und auch heute noch ballern die vier Herren im mittlerweile doch gesetzten Alter (die Kapelle gibt’s seit 1978) die alten Gassenhauer mit einer Energie von der Bühne, die mich staunen lässt. Vor allem Caveman Dave am Schlagzeug rührt in seinen Drums, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her – da gibt’s nur eine Richtung: nach vorne. Und zwar mit Vollgas – bremsen sollen andere. Für Feingeister ist das freilich nichts. Die Herrschaften, die sich heute zum Klassentreffen in der Röhre versammelt haben, goutieren’s dagegen mit einem wohlwollenden Lächeln. Wer noch nicht fußkrank oder sonstwie gehandicapt ist, fängt an zu pogen und grölt lauthals mit:

Banned from the pubs get out of this place, banned from the pubs cos we don’t like your face.
Banned from the pubs get out of that door, banned from the pubs or I’ll call the law.
Banned, banned, banned, cos they don’t like punks, banned, banned, banned, they treat us like drunks.
Banned from the pubs go on I said go, banned from the pubs can we have a drink? No!
Banned from the pubs just get out of here, banned from the pubs no you can’t have a beer.
Banned from the pubs go on yer way, banned from the pubs no punks they say.
Banned from the pubs you lot get out, banned from the pubs no punks they shout.
(„Banned from the pubs“)

DER Klassiker der Band schlechthin! Und er zeigt, wo’s lang geht: Keine politischen Statements wie bei The Clash. Keine kühl kalkulierte Provokation wie bei den Sex Pistols. Sondern einfache Geschichten aus der Nachbarschaft, wie sie wohl jeder kleine Punk-Rocker im England von Maggie Thatcher erlebt hat. So geht das dann in einer Tour. „Stimmt ja, den Song hatten die ja auch noch“, schießt es mir hin und wieder durch den Kopf. Denn trotz all der kleinen Hits haben’s die Test Tube Babies irgendwie nie in die A-Liga der britischen Punk-Rock-Bands geschafft, fällt ihr Name nicht so schnell wie der von The Buzzcocks, 999, The Adverts, The Adicts, Angelic Upstarts und wie sie alle heißen. Egal, Spaß macht das hier heute allemal. Dass die Test Tube Babies schließlich – neben einigen anderen – auch The Clash („White Riot“) und die Sex Pistols („Bodies“) richtig geil covern, treibt mir fast noch die Freudentränen ins Gesicht. Im Februar geh ich wieder in die Röhre. Zu Charlie Harper und seinen UK Subs. Und zu The Vibrators. Wetten, dass Peter Reinhardt wieder an der Kasse sitzt und bruddelt? Ich mag Konstanten…

Peter and the Test Tube Babies

Foto: Steffen Schmid

Ein Gedanke zu „PETER AND THE TEST TUBE BABIES, 19.12.2010, Röhre, Stuttgart

  • 21. Dezember 2010 um 22:22 Uhr
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    Doppeldaumen, Lieblingsopa

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