UWE SCHENK TRIFFT … ROGLOK, 29.09.2010, Staatstheater Stuttgart “Box”, Stuttgart

Uwe Schenk trifft ... Roglok

Foto: bertramprimus

Wie bringt man die magischen Momente, die in Studio-Sessions entstehen, auf die Bühne? Z.B. einen Acid-House-Musiker, der mit einer Jazzband jamt?

Uwe Schenk, Stuttgarter Musiker, Komponist und Produzent hat eine Antwort gefunden, mitzuerleben bei „Uwe Schenk trifft… Die TV-Show ohne Sendetermin“. Und das geht so (ich zitiere ungekürzt von der uwe-schenk-trifft.de-Seite, wenn ich darf):

Künstler legen über sich und ihre Musik Zeugnis ab und musizieren live in ihrer gewohnten Formation, aber auch mit der USt-Show Band.
Das Setting der Show: Die Mitwirkenden inkl. Publikum sind Teil einer Live Fernseh-Show ohne Sendetermin. Es gibt einen Co-Moderator, Interviews, Werbepausen, vorproduzierte Trailer. Die Bilder von mehreren Kameras werden auf eine Leinwand hinter den Musikern projiziert und sind Teil des Bühnenbilds. Die Zuschauer erleben ein Programm, das so leider weder im öffentlich-rechtlichen, noch im privaten deutschen Fernsehen stattfindet.

Und was für ein Programm! Heute Abend ist Leo Merz da, alias Roglok, Acid-House-Musiker. Nach dem Werbeblock (zu projizierten Werbetafeln wird live musiziert und Co-Moderator Andreas Vogel liest Werbetexte vor, die tatsächlich zur Finanzierung des Abends beitragen – sehr spaßig!) und ein paar einleitenden Worten von Gastgeber Uwe Schenk – siehe oben – legt Roglok mit seinem Soloset los:

„Die Geräte sind so alt wie ich.“ Er erklärt kurz, wie man die batteriebetriebenen Drummachines und Minisynthies bedient und los geht die Reise ins quietschige Reich des Acid House der späten 80er, wie ich es selbst noch im Ohr habe*). Roglok knipst die Basedrum an, dreht an Knöpfchen, ruft Programme und Patterns ab, jagt die Filter rauf und runter. Zustimmendes Kopfnicken und 200 grinsende Gesichter in der bestuhlten „Box“ des Interims-Staatstheater Türlenstraße. Das macht richtig Spaß, den Sound live präsentiert zu bekommen und die technischen Vorgänge auf der Großleinwand mitverfolgen zu können.

Nach dem Soloset folgt das hochinteressante Interview: Roglok, also Leo Merz, lebt in London und ist eigentlich Designer, referiert mit dem bekennendem Acid-House-Fan Andreas Vogel über die Historie von Acid House (Detroit, Anfang/Mitte 80er, entsteht in der Post-Disco-Phase auf Basis des damals erschwinglichen Roland 303 und anderen japanischen Geräten – selbstverständlich auch heute Abend im Einsatz) und mit Uwe Schenk darüber, dass er nur mit diesen Geräten Musik machen könne, Noten, Tonarten etc. seinen nicht sein Ding. Roglok veröffentlicht seine Produktionen kostenlos auf dem Netlabel upitup („Das beste Label der Welt“, wie mir Leo Merz nach der Show steckt), einem selbstorganisierten, nicht kommerziellen Do-It-Yourself-Projekt von Musikern und Musikliebhabern. Sein Album kann man sich hier anhören.

Uwe Schenk trifft ... Roglok

Foto: bertramprimus

Der Höhepunkt der televisione povera (steht so auf der Website) ist zweifelsohne die Jamsession mit Roglok und der jazzorientierten, mit Bass, Schlagzeug und Flügel/Orgel besetzten UST-Band: Roglok gibt den Beat vor, der Perkussionist steigt ein, der Bassist fährt mit seiner Bierflasche an den Seiten entlang und entlockt seinem Instrument ein ansteigendes Brummen, Uwe Schenk setzt Akzente durch Akkorde, greift zunehmend beherzter in die Tasten seines Flügels, wechselt zur Orgel, freudestrahlend dreht Leo Merz an den Filtern – es quietscht zwischen den vier Musikern und es entsteht tatsächlich diese ganz besondere Atmosphäre, wenn sich Musiker beim gemeinsamen Improvisieren in der Musik verlieren … und wir, das Publikum, dürfen dabei sein – ein phänomenales, musikalisches Erlebnis!

Die Aufzeichnung wird in Kürze hier zu finden sein.

Die Veranstaltungsreihe Uwe Schenk trifft, die immer am letzten Mittwoch im Monat stattfindet, ist eine absolut empfehlenswerte Show. Das ganze Team, angefangen vom Gastgeber, dem Co-Moderator, den Musikern bis hin zur Videotechnik (Uwe Kassai, Dozent an der Merz Akademie), Bildmischung (DJ Änna), Kamera, Ton usw. sind aus purer Begeisterung dabei. So ähnlich wie wir ;-). Daher: das nächste mal unbedingt hingehen!

*) Neulich machte ich mir doch tatsächlich die Mühe, eine alte Kassette einzudigitalisieren: den einzigen Longplayer von Hithouse namens Hithouse (ja, die mit dem Charthit Jack To The Sound Of The Underground). Und zwar deshalb, weil auf dem Album ein Track namens R.O.B.’s Acid Hell ist. Der ist so staubtrocken, der zieht Wasser. Der fasziniert mich bis heute.

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