BRATZE (live), AZZIDO DA BASS, DEM SLACKERS, Prozac Polka und NuKids, 25.09.2010, Keller Klub, Stuttgart

0711kaputtraven

Foto: Patrick Grossien

„Wieviele Tropfen passen in ein 0,2l Wasserglas?“ fragt Veit aus München, 10 Jahre alt. Wenn Stuttgart kaputtgeravet werden soll, klebe ich zuvor immer an der Samstagabendunterhaltung der Öffentlichen (siehe hier) – warum eigentlich? Dieses mal ist es „Frag doch mal die Maus“ … Und die Antwort lautet: ca. 2700.

So viele Gäste waren nun nicht im KellerKlub, aber (irre Überleitung) nach der Sommerpause ist es wieder brechend voll. Zu Recht, ein dichtes Line-Up verspricht wieder – ich zitiere – „Just Party, Schnapps & Elektrogeboller“:

Stuttgarts Neukommer NuKids beginnen den Abend. Ihr Video Neongold im Web beeindruckt durch Ästhetik und Professionalität, etwas irritierender ist ihr Auftritt. Die drei Schwaben an den beiden Mikrofonen und am Schlagwerk mit Apple Laptop liefern einen etwas dünnen Sound ab, als fehle der Vorverstärker. Zu ihrem deutschen Emo-Elektro-/Ravepop passen die im breitesten Schwäbisch gegebenen Ansagen nicht wirklich. Egal, die Fangemeinde feiert ihre Helden und bereiten so den Weg für…

Bratze! Und die haben Energie! Bestehend aus ClickClickDecker oder Kevin Hamann, dessen Myspace-Seite „Myspace verstümmelt intensives Leben“ kundtut und der eher für introvertierte Akkustiksongs bekannt ist/war und Norman Kolodziej von Der Tante Renate (übrigens alle auf dem Label Audiolith), starten die beiden mit 100.000 Volt voll durch und schaffen das Kunststück, mit dem eher nachdenklichen Rocksong Die Auswendigen Muster (bitte das Intro des Videos auf der Bratze-Seite anschauen, sehr nett!) den Mob sofort auf ihre Seite zu ziehen. Hernach brezeln sie mit einem – ich sage mal – typischen Kaputtraven-Sound auf die ausflippende Menge ein: treibender Gesang, Elektro-Beats, die gern mal gekonnt stolpern und sich wieder fangen, alles in gnadenlosem Tempo. Sänger Kevin, angetreten in kurzen Adidas-Shorts, springt über die Bühne als ob es kein Morgen gäbe, Norman kümmert sich um die Elektronik, die E-Gitarre und gibt die zweite Stimme.

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Foto: Patrick Grossien

Bratzes Songs sind musikalisch überraschend abwechslungsreich, mal rockig und e-gitarrenlastig, dann NDW, dann Punk. Justice lässt grüßen, der teilweise abgehackte Sprechgesang verweist auf  Gabi Delgado-López von DAF. Durch ClickClickDeckers Oberlippenpinsel kommt der Punkanteil beinahe schon arbeitermäßig rüber. Diese Aussage ist natürlich angreifbar, aber sie gefällt mir.

Eine gute Stunde feiern die beiden Norddeutschen mit den Stuttgartern und haben mächtig Spaß, auch wenn Norman sich nach der Show nicht ganz zufrieden äußert aufgrund ein paar technischen Problemen. „Oben bleiben – Zugabe“ ruft das Publikum und in diesem Fall werden die Demonstrierenden gehört. Der Refrain im letzten Song heißt sinnigerweise „Kannst Du das für Dich behalten“… Aber keine Zeit zum Philosophieren,

Azzido Da Bass setzt zum finalen Kaputtraven an: ohne eine Pause zuzulassen, presst der erfahrene Hamburger Produzent und DJ (seit 15 Jahren im Geschäft) das Publikum mit seinem enorm dichten Sound förmlich an die Wand und lässt keine Zeit zum Luftholen. Einer seiner Hits heisst bezeichnenderweise Oh My God It´s Techno Music – OMGITM. Damit ist alles gesagt.

Die DJs Dem Slackers aus Utrecht und Prozac Polka (herrlicher Name) aus Rosenheim schaffe ich dann doch nicht mehr, Azzido hat ganze Arbeit verrichtet. Doch das allerletzte Wort geht noch mal an Bratze, auf deren Myspace-Seite steht: „Für Augenkrebs gibt es kein Gewehr!“

Ein Gedanke zu „BRATZE (live), AZZIDO DA BASS, DEM SLACKERS, Prozac Polka und NuKids, 25.09.2010, Keller Klub, Stuttgart

  • 29. September 2010 um 15:27 Uhr
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    BRATZE ISCH SUPI! Schöner Text und schöne Bilder, das gefällt mir sehr.

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