ROLF MILLER, 18.09.2010, Tagungszentrum Ansbach

Foto: Promo

Comedy oder Kabarett. Folkloristen der Hochkultur mögen’s, wenn das Lachen im Hals nachbittert. Denkanstöße und so. Relevanz. Der kleine Spaßbürger, nicht weniger kokett, hat es lieber unkompliziert und lustig warm. Ohne Tischmanieren.

Einwandfrei

Leicht ist die Einordnung von Rolf Miller nicht, zumal sich die Größe der Schnittmenge zwischen Comedy und Kabarett nach dem Konsensbedarf des Einzelnen richtet. Man ist geneigt, Miller ins Atze-Schröder- oder Mario-Barth-Lager zu stecken, doch obwohl auch er stramm eingleisig fährt, allein den namenlosen Stammtischproleten gibt, Corporate Identity und so, tut man ihm damit unrecht.

Eine Frau, die schweigt,
die hat was zu sagen.

Wir also ins Foyer des Tagungszentrums Ansbach. Karten abknipsen lassen, ein kleines Bier, flaschenfrei verglast, weil’s anständiger ist, nach fünfzehn Minuten rein in die Halle. Galerien links und rechts über uns, dazwischen der Pferch aus Stuhlketten. Halbhohe Bühne, ein einsamer Stuhl.

Sagt der Jürgen
ich däd mich da luschdig machen
auf Kosten von …
nem Witz

Rolf Miller erlaubt sich die Verspätung eines Kleinkunstpreisträgers, nimmt Platz und legt sofort los.
Er spielt seine Stärke, den von Gerhard Polt bekannten direkten Einstieg, gekonnt aus, sowohl der Hook als auch die erste – wichtige – Einminutenpointe sitzen. Sein wohl arrangiertes Gestammel, das Satzfragmente in schwerem Odenwald-Dialekt aneinanderreiht, nimmt Fahrt auf, alsbald kommt das Allerwelts-Protagonisten-Pärchen Achim und Jürgen ins Spiel. In wechselnden, da und dort eine Spur zu eingeübten, breitbeinigen Stammtischposen schildert Miller die Alltagsanekdoten eines Saufkumpanen jenseits der Sechs-Bier-Grenze, eines Kumpanen, den man in Kneipen eher nicht treffen mag. Doch die Sorge, Millers Auftritt könnte bald auf die Nerven gehen, ist unbegründet. Denn seine, zuweilen von gekonnt platziertem meckerndem Lachen und heillos verdrehten Binsen gespickte Achim-Jürgen-Geschichte ist durchaus scharf pointiert. Und weiß dadurch zu gefallen.

Die Frau ist zu wahr
um schön zu sein.

Ein stilsicher vorgetragenes Desaster alltäglicher zwischenmenschlicher Missverständnisse folgt dem nächsten, katastrophal schief laufende Situationen wechseln mit weitgehend ungefährlichen Gemeinplätzen, die Millers Programm vermutlich ein zartes gesellschaftspolitisches Aroma verleihen sollen, allerdings etwas deplaziert wirken. Und natürlich spielt Millers Markenzeichen, die regelmäßig abgebrochen Sätze, die bisweilen kurzen, selten langen, manchmal leider vorhersehbaren Pausen, auch live eine zentrale Rolle. Das Ganze ist über weite Strecken witzig anzuhören.

Probleme einer Beziehung können sich auch
…auf das Privatleben auswirken

Allerdings – Miller kann nicht darüber hinweg täuschen, dass er zu jenen Comedian-Kabarettisten zählt, die ihr Programm abspulen und kaum mit ihrem Publikum interagieren. Wo Kollegen zumindest einen kleinen Publikums-Gag einstreuen, bleibt er seiner Rolle verhaftet, variiert weder Sprache noch Gesten, ist seinem medial erzeugten Markenkern ausgesprochen treu. Das mag mit den Gesetzen des Comedy-Faches zu tun haben, Stichwort Wiedererkennung, doch es tut dem spaßigen Abend keinen Abbruch.
Für diesen einen Abend reicht Rolf Miller, nicht für mehr, aber auch nicht für weniger.

Wer lachen mag, kann Rolf Miller am 12.10.10 im Theaterhaus Stuttgart besuchen, wer etwas zurückbehalten mag, lässt es lieber.

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