BLOOD RED SHOES + PULLED APART BY HORSES, 25.03.2010, Schocken, Stuttgart

Blood Red Shoes

Foto: Carsten Weirich

Eines mal gleich vorneweg: von den Blood Red Shoes wusste ich bislang kaum was (ja ja, Schande über mich). Letztes Jahr haben sie auf dem Southside gespielt. Da kannte ich sie aber leider noch nicht, und ich Depp habe sie mir dann auch nicht angeschaut. Als ich dann neulich mal einen Song auf MotorFM gehört habe, bin ich neugierig geworden. Klang klasse. Und da ein Konzert immer eine tolle Sache ist, um eine Band kennenzulernen: ab ins Schocken.

Dort angekommen wundern wir uns am Donnerstagabend erst mal, dass manches anders ist als sonst. An der Eingangstür prangt ein großes Schild, dass die Besucher gleich mal davor warnt eine Profikamera mit rein nehmen zu wollen. Nur Pocketkameras sind erlaubt. Keine Ahnung ob das immer so ist, so ein Schild ist mir jedenfalls bisher noch nie aufgefallen. Am Eingang dann die Regeln: Pressefotos nur die ersten drei Songs lang und ohne Blitz. Na gut, wenn das nun mal so ist. Im Schocken selbst fällt dann erst mal die Absperrung vor der Bühne auf, ein Miniatur-Bühnengraben sozusagen. Hab ich hier auch noch nicht gesehen. Okay, die Benimmregeln sind klar, wir freuen uns auf die Show. Ausverkauft ist sie. Stand draußen auf einem anderen Schild. Darunter wurde ergänzt: „Kein Witz!“. Klingt als ob man das ein oder andere Mal trotzdem genervt wurde, ob es nicht doch noch Karten gibt.

Einheizer für die Blood Red Shoes ist eine Band namens Pulled Apart by Horses. Kann man übrigens ganz leicht mit Torn Apart by Horses verwechseln. Ich hab mich bei meiner Vorab-Internetrecherche darüber gewundert, dass eine Band aus Baton Rouge in den USA, mit einem doch eher auf Knüppelsound hindeutenden Schriftzug, Vorband einer – ja gut, wie will man es nennen ohne die gängigen Schubladen zu öffnen? – Alternative-Band aus dem südenglischen Brighton ist. Nach dem ersten Knüppelsong war klar, dass mir hier ein kleiner Lapsus unterlaufen ist. Pulled Apart by Horses heißen die vier Mannen aus Leeds, aber Gefangene machen die auch nicht. Kaum auf der Bühne des sich langsam füllenden Schocken legen die ordentlich los. Schüchtern geht anders. Pulled Apart by Horses rocken vom ersten Song an was das Zeug hält. Sie klettern auf Boxen, mischen sich unters Publikum und spucken der Menge schon mal ihre Getränke entgegen. Dass deren ungebändigte Energie ein bisschen im noch wenig gefüllten Raum verpufft, scheint sie nicht weiter zu stören. Sie lassen es krachen und haben ihren Spaß. Die ersten potenziellen Tänzer scheinen dann langsam doch animiert und schütteln ihre Mähnen zum Indie-Punkrock-Sound der vier Mannen um Frontmann Tom Hudson. Langsam füllt sich das Schocken dann auch und die Stimmung steigt merklich. So gut die auch sind, eines kann ich ihnen echt nicht verzeihen. Sänger und Gitarrist Hudson trägt tatsächlich ein Western-T-Shirt. So eines mit den Mond anheulenden Wölfen und Indianern, die man sonst nur vom Wegschauen aus Postershops kennt. Ja gut, aber die sind ja auch nicht wegen der Mode da. Und das was sie sollten, haben sie klasse hinbekommen, das Publikum warm zu machen. Bevor sie nach ein wenig mehr als einer halben Stunde die Bühne verlassen, halten sie die „sexy faces“ ihres Publikums noch auf einem Foto fest. Hat Spaß gemacht. Hab ich schon erwähnt, dass es langsam sauwarm wird? Die Scheiben beschlagen, und ich komme mir vor wie in der Sauna.

Pulled Apart by Horses

Foto: Carsten Weirich

Kurz nach 22 Uhr ist es dann soweit. Die Blood Red Shoes entern die Bühne des mittlerweile proppenvollen Schocken. 2005 haben Steve Ansell und Laura-Mary Carter ihre Zwei-Mann-Combo ins Leben gerufen, nachdem ihre vorigen Bands auseinander gebrochen waren. Mittlerweile sind sie bei einem Major-Label und werden deshalb angeblich nicht mehr gern als Indierock-Band bezeichnet. Sympathische und ehrliche Selbsteinschätzung. Und sowieso, mir doch vollkommen schnuppe. Denn innerhalb einer Viertelstunde werde ich sowieso zum Blood Red Shoes-Fan werden. Sänger und Drummer Ansell verzieht sich gleich unter die Empore (ungeschickt für die Menschen auf der Empore) und überlässt seiner bezaubernden Bandkollegin Laura-Mary Carter somit fast die komplette Bühne. Und gleich beim ersten Stück „Doesn’t matter much“ – das auch der Opener ihres Debütalbums „Box of Secrets“ ist – ziehen die Engländer das Publikum in ihren Bann. Dass zwei Leute reichen um ordentlich zu rocken haben Bands wie die White Stripes oder die Ting Tings schon bewiesen. Ansell und Carter stehen dem in nichts nach. Ihr Sound hat Energie: Harte Riffs treffen auf flotte Beats. Unnötige Schnörkel und elektronischer Schnickschnack werden ganz beiseite gelassen. Die Blood Red Shoes beschränken sich aufs Wesentliche und das absolut gekonnt. Besonders angetan hat es mir der klare Gesang von Sängerin und Gitarristin Laura-Mary Carter. Spätestens ab dem dritten Song „I wish I was someone better“ hüpft die Menge wie wild, tanzt, wirft die Arme in die Luft, schwitzt was das Zeug hält und singt jede Textzeile mit. Carter wirkt fast schon ein wenig schüchtern wenn sie unglaublich sympathisch und leicht x-beinig auf der großen Bühne steht und sichtlich Spaß an ihrem Job hat. Die Luftfeuchtigkeit hat mittlerweile tropische Verhältnisse erreicht. Die Scheiben sind vollständig beschlagen und die Luft steht. Carter hält immer wieder ihr Gesicht vor den eigens für sie aufgebauten Ventilator. Mist, den hätte ich jetzt auch gern.

Blood Red Shoes

Foto: Carsten Weirich

Das Schocken rockt zum Sound der zwei Blood Red Shoes-Alben. Scheiße nur, dass sie dieses Jahr nicht auf dem Southside spielen. Nochmal würde ich sie nicht verpassen. Hits wie „You bring me down“ oder „Light it up“ muss man einfach lieben. Balladen fehlen völlig. Macht überhaupt nix. Die Blood Red Shoes spielen einfach gute Rockmusik. Dass Ansell am Vortag nach dem Gig in München noch bis um 7 Uhr morgens um die Häuser gezogen ist, wäre mir nicht aufgefallen. Er macht selbst darauf aufmerksam und bittet darum, ihm etwaige kleine Fehler zu verzeihen. Hätte ich eh nicht gemerkt bei all der guten Laune. Ich finde es einfach nur klasse. Als sich die Show dem Ende entgegen neigt, bittet Ansell die Fans nochmal alle zum Tanz. Es sei schließlich Mittwochabend und da habe man gefälligst zu tanzen. In München gab es wohl doch das ein oder andere Bier zu viel, denn es ist Donnerstag. Ja eben, da habe man sogar noch mehr Grund zum Tanzen. Das Publikum nimmt es dankend an, die Party geht weiter. Das Publikum tanzt, hüpft und singt mit. Ansell kommt dann auch nochmal unter der Empore hervor. Für die erste Zugabe, einen flotten Surfsong, hängt er sich die Gitarre um und lässt seine Bandkollegin ans Schlagzeug. Und dann, nach zwei Zugaben, ist das Konzert viel zu früh vorbei. Lang ging es nicht, gerade mal 1 ¼ Stunden. Aber hier gibt bei mir, wie schon beim etwas kurzen Gastspiel von The XX, die Qualität den Ausschlag. Ich hatte einen klasse Abend und die zwei Alben der Blood Red Shoes stehen ganz oben auf meinem Wunschzettel.

Blood Red Shoes

Pulled Apart By Horses

3 Gedanken zu „BLOOD RED SHOES + PULLED APART BY HORSES, 25.03.2010, Schocken, Stuttgart

  • 28. März 2010 um 13:56 Uhr
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    Haben sie Stuttgart also doch noch geentert. Als Vorgruppe von Maximo Park im Herbst sind sie ja leider etwas untergegangen.

    „Let’s consi-ta-ha, change the scene-re-ey, it’s getting bo-re-hing.“ Ich liebe Songs, die die Endungen verzerren, wie z.B. auch bei cigarettes & alcohol: https://www.youtube.com/watch?v=SaeLKhRnkhQ
    „imaginatijän, actijän, sunshijain“
    (verzeiht, ich alter linguist…)

  • 28. März 2010 um 14:40 Uhr
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    Ich fand sie auch unglaublich sympathisch, war für mich eins der besten Konzerte in letzter Zeit.
    Hoffe sie rocken Stuttgart bald mal wieder!

  • 29. März 2010 um 20:34 Uhr
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    Als Vorgruppe von Maxïmo Park letzten Herbst fand ich sie aber doch noch besser als auf dem Southside. Da war das Konzert schon ganz okay (so gut Festival-Konzerte an nem Sonntag Nachmittag halt sein können), aber vor allem die gute Laura-Mary wirkte etwas verloren so fast alleine auf der groß Bühne und kam etwas verschüchtert rüber…

    Was ich im Gegensatz zur Band extrem unsympatisch fand waren diese komischen Security-Bolzen links und rechts neben der Absperrung. Was sollte das denn sein, wir waren doch nicht in der Schleyerhalle!?

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