THE BLACK ANGELS, WOLFMOTHER, 29.01.2010, Tonhalle, München

Foto: (cc) Vince Kmeron

München, wir kommen. Auf der Zugfahrt geht mit den Autoren schon der mentale Gaul durch: Bereits am Bahnsteig werden wir von arischen Übermenschenweibern mit Weißwurstkränzen um den Hals empfangen, aus allen Quellen strömt Weißbier. Die Stimmung in der Halle: Psychedelisch; überall Lavalampen und wiederum Frauen „oben ohne“ vergnügen sich mit Seifenblasen und Fangen-Spielen. Typisch für München und das neue Jahrzehnt.
Die psychedelische Grundstimmung ist also da.

Die von uns vorab extrem hochgeschätzten The Black Angels, und die für ganz okay empfundenen Wolfmother, spielen heute abend in der Tonhalle. Anlass genug für eine erste Kollaboration der beiden Typen, die den Geschmacksspagat zwischen Little Boots und Slayer problemlos hinbekommen. Typen, aus denen Styleness täglich gallonenweise abgepumpt werden kann, die Gigblogger Herzbuben quasi.

Die Entfernung zu Stuttgart ist ja immer ein ganz guter Indikator wie sehr man Bock auf ein Konzert hat. Zu GusGus nach München, Earthless nach Frankfurt oder Orwell nach Saarbrücken nimmt man nicht stundenlange Fahrerei auf sich, wenn man nicht Fan ist. The Black Angels haben 2008 mit Directions To See A Ghost ein Hammermonster von einem Psychedelicrock-Album rausgehauen, welches wochenlang in heavy rotation bei uns lief.
In der proppenvollen Tonhalle legen die schwarzen Engel auch mit On The Run von diesem Album los. Klare Aufgabentrennungen: die rasierten Männer spielen Gitarre, die bärtigen Männer abwechselnd Bass und Tasteninstrumente, die Frau spielt Schlagzeug. Der Vorbandstatus manifestiert sich leider ziemlich schnell. Der Sound ist solala (selbst für den halligen Black Angels Sound ist es einfach zu hallig), und das rote Licht ändert seine Intensität nicht um einen Mikrolux (gibt es diese Maßeinheit?). Trotzdem wird deutlich, dass hier Könner am Werk sind. Alex Maas schneidende Stimme klingt wie auf Platte, die Band ist tight und reitet fehlerfrei durch das abwechslungsreiche Set, das aus Songs der beiden LPs und uns unbekannten Stücken (neue?) besteht. Aber klar wird auch, die BA sind eine Band für lange Auftritte. Die Stücke brauchen Zeit, müssen wachsen zu ausufernden, hypnotischen Improvisationen. Werden sie nur kurz aneinandergereiht, verlieren sie von ihrer Magie. Also, bitte mit dem neuen Album auf Headliner Clubtournee kommen. Wir sind dabei!

Wolfmother-Boss Andrew Stockdale ist Australier und leidet dementsprechend an Jetlag…dieser reicht bei ihm allerdings zurück bis in die frühen 70er. Man könnte aber auch sagen, der Mann hat seine Hausaufgaben gemacht, und ausgiebig 70er-Rock studiert, imitiert, und diese hochgewimmerte Eierstockmusik (O.M. Schmitt), man muss es zugeben, perfektioniert.
Wer die beiden Alben Wolfmother und Cosmic Egg kennt, dem musste klar sein, dass mit Innovativem auch bei der Live-Präsentation nicht zu rechnen ist. Dafür wird Bombast geboten (sehr dicke Lightshow), es knallt ordentlich, und die Menge geht ab.
Bei Münchner Konzerten rechnen wir ja immer mit Prominenz im Publikum, aber kein Mittermeier, kein Hornochsenknecht, kein Matthäus in Sicht. Da muss die Vorstellung eines halbnackt Pogo tanzenden Guttenbergs eben herhalten.
Aus der von der Empore gebotenen Sicht hätten wir uns auch auf einem Mars-Volta-Konzert befinden können, da zwei ganz ordentliche Afro-Köpfe auf der Bühne zu erkennen sind, wobei die Jungs von Mars Volta doch noch eine Liga weiter oben angesiedelt sind.
Los geht die Rockshow mit Dimension vom Debüt Wolfmother, und der Sound lässt uns Respekt zollen. Richtig fett, nur wer es ganz genau nimmt könnte da Schwächen entdecken. Insbesondere die Gitarre von Stockdale klingt großartig. Er macht auch wirklich keine schlechte Figur auf der Bühne, hat alle Posen drauf: Die Windmühle mit dem rechten Arm, die Sprünge mit beiden angewinkelten Beinen, ja sogar der Angus Young Duck Walk lässt sich eindeutig erkennen, was natürlich nicht verwundert, hat Stockdale als Australier diese Art der Fortbewegung, wie übrigens alle seine Landsleute mit Vollendung des dritten Lebensjahres zu beherrschen. Andere Länder andere Sitten. Und beim Nationalheiligtum AC/DC verstehen die Australier keinen Spaß.
Mit California Queen vom zweiten Album, übrigens von Über-Mixer/Produzent Alan Moulder produziert, geht es weiter, selbstredend kommen alle Highlights und Singleauskopplungen wie New Moon Rising, Woman oder Joker And The Thief. Wir mutmaßen, dass das großteils junge, und offensichtlich begeisterte Publikum, bei Beschallung durch die Originale Sabbath-Zeppelin-Purple-Heep sicher ganz schnell das Weite suchen würde. Grob geschätzt dürften auch 90 % der Wolfmother-Einnahmen als Tantiemen an Jimmy Page und Tony Iommi gehen. Gut so, dürfte der Rock’n Roll Triathlon Rumhuren-Saufen-Drogen in den 70er beide finanziell doch arg strapaziert haben.
Natürlich wird lautstark Zugabe gefordert, und die kommt natürlich auch. Wie gesagt, die Halle ist vermutlich ausverkauft.

Jello Biafras Forderung „70s-Rock-Must-Die“ hat keine Wirkung gezeigt – 70s-Rock’s Not Dead und wird es wohl niemals sein.

6 Gedanken zu „THE BLACK ANGELS, WOLFMOTHER, 29.01.2010, Tonhalle, München

  • 31. Januar 2010 um 13:15 Uhr
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    Sehr unterhaltsam zu lesen, v.a. die „mentale Gaul“-Sequenz. Muss ein schöner Ausflug gewesen sein!

  • 1. Februar 2010 um 15:34 Uhr
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    Schöner psychedelischer Weißwurschtbericht.
    Hat Spaß gemacht zu lesen.

  • 1. Februar 2010 um 16:31 Uhr
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    laut meinem kumpel bumsi war das konzert der wahnsinn

  • 1. Februar 2010 um 16:38 Uhr
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    mein kumpel ficki fand’s auch spitze!!!

  • 1. Februar 2010 um 16:38 Uhr
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    @ram: dann war er bestimmt vorne in der Masse wo die Bierbecher durch die Gegend flogen. Nee, war schon ein super Spektakel, und die Leute gingen auch ab, insofern hat es sehr gut funktioniert als Konzert. Gut klauen muss man ja auch erstmal können.

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