PETE DOHERTY, 28.11.2009, on3-Festival, Funkhaus, München

Pete Doherty

Foto: Steffen Schmid

Eigentlich sollte hier eine „normale“ Besprechung des tollen on3-Festivals in München stehen. Veranstaltet vom Bayerischen Rundfunk. Für so etwas würde man gerne noch mehr GEZ-Gebühren zahlen. Doch manchmal kommt es eben anders, als man denkt. Vor allem, wenn das enfant terrible Pete Doherty im Spiel ist. gig-blog goes Boulevard.

Das on3-Festival von Bayern 3 hat einige musikalische Überraschungen zu bieten. Hier spielen Bands, von denen man morgen sprechen wird. Am Samstag waren das die entzückenden Norweger von My Little Pony, der isländische Elektroact FM Belfast, die unglaubliche Ebony Bones! und die sympathische Speech Debelle. Und eigentlich sollten auch Kettcar im Münchner Funkhaus einen exklusiven Akustikgig mit Orchester spielen. Die durften aber erst eine Stunde später ran, nachdem Überraschungsgast Pete Doherty die Bühne enterte und mit Buhrufen wieder verabschiedet wurde. Der Moderatorin, die ihn abwürgt („Thank you Mister Doherty. Wir retten, was zu retten ist“) schmeisst er das Mikro hinterher. Armes Peterle! Kettcar-Sänger Marcus Wiebusch nimmt‘s mit Humor und sagt: „Wir sind Kate Moss, äh, Kettcar.“

Pete Doherty

Foto: Steffen Schmid

Was genau, Pete Doherty am Samstag nach München verschlagen hatte, weiß man nicht so genau. Auf einmal schlappt ein Herr mit Hut und Augenringen über den Hof des Bayrischen Rundfunks, ordert einen Hot Dog mit Kraut – und man erkennt ihn eigentlich nur an seiner Entourage und den stöckelnden Mädchen, die ihn verfolgen. Ansonsten hätte ich wohl die ganze Zeit gedacht, dass dieser Typ locker einen Pete-Doherty-Lookalike-Contest gewinnen würde.

Doch der wortwörtlich rotzige Geheimauftritt war von Beginn an zum Scheitern verurteilt: Die Schnittmenge von Kettcar-Fans und Doherty-Verehrern kann nicht sonderlich groß sein. Und so ist das Konzert ein Desaster. Alleine und etwas bedröppelt steht er mit Hut und Anzug da, spielt ein paar krude Akkorde auf der Gitarre, stimmt „Hit The Road Jack“ an, um dann die erste Strophe der Deutschlandhymne zu singen. Das kommentiert der Bayerische Rundfunk natürlich postwendend hier. Der Auftritt des Pete Doherty ist wie die Person selbst: zerrissen und zwiespältig. Diese Antipathie, die Pete Doherty entgegengebracht wird, scheint ihn geradezu anzuspornen.

„Halt’s Maul“, schallt‘s aus den Reihen. Und Doherty antwortet auf deutsch: „Ich bin kein Dummkopf.“ Und er murmelt irgendwas von „Fuck it. You don’t deserve it“ in seinen imaginären Bart. Nur diese Kettcar-Rufe scheinen den 30-Jährigen zu irritieren. Dabei muss man aber sagen, dass Doherty bei all seiner augenscheinlichen Verplantheit selten so gut war. Er singt „Delivery“ und „Last Of The English Roses“ und lässt sich selbst von den albernen Mädchen in Tutus, die sich auf der Bühne zu seinen Schrammelliedchen verbiegen, nicht aus der Ruhe bringen. Und ja: Bei „Fuck Forever“ singen dann auch die verbohrten Kettcar-Fans mit.

23 Gedanken zu „PETE DOHERTY, 28.11.2009, on3-Festival, Funkhaus, München

  • 29. November 2009 um 12:35 Uhr
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    die Indiespießer sollen sich mal locker machen, meine Güte!

  • 29. November 2009 um 12:56 Uhr
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    Hört sich verdammt cool an – Props an Doherty!!

  • 29. November 2009 um 16:48 Uhr
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    Wobei: „Ich bin kein Dummkopf“ ist schon ein deutliches Schuldeingeständnis…

  • 29. November 2009 um 17:19 Uhr
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    Unfassbar! Da tritt völlig überraschend Pete Doherty auf und was macht das Publikum? Es buht ihn aus! Wie armselig.
    Und dann noch die peinliche von-der-Bühne-zieh-Nummer…

    Hier gibt’s übrigens was vom Auftritt:
    https://www.youtube.com/watch?v=a2-YBBbj894

  • 29. November 2009 um 17:39 Uhr
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    Hm, spannend… Wie hätte man auf die erste Strophe reagieren sollen/können/müssen?

  • 29. November 2009 um 17:46 Uhr
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    hängt von den Umständen ab. Wenn’s die Böhse Onkelz singen wohl anders, als wenn’s Pete Doherty oder John Cleese machen. Ist glaub ziemlich klar, dass der das nicht SO gemeint haben kann. Sonst ist man gleich bei Pythons „er hat aber Jehova gesagt.“

  • 29. November 2009 um 17:58 Uhr
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    Natürlich hat er das SO nicht gemeint, aber was hat er denn damit gewollt? Doherty ist nicht von den Onkelz, aber Cleese ist er ja auch nicht.

  • 29. November 2009 um 18:50 Uhr
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    ich würde fast alles geben um Pete mal live zusehen und dann sowas…was für ein Publikum war das? in eueren Worten, „Meta-Indiespießer“ …

  • 29. November 2009 um 19:53 Uhr
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    @bertramprimus: Das Publikum hätte mit Sex Pistols‘ „God save the queen“ kontern können.
    Aber er beweist immerhin, dass Drogen nix ist gut für Kopf.

  • 1. Dezember 2009 um 11:04 Uhr
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    Ich habe den Auftritt nicht gesehen – aber auch wenn es Doherty war, sollte die Qualität eines Konzertes irgendwo eine Rolle spielen. Ich würde mich wünschen, dass ihm endlich mal jemand erklärt, dass er nicht genial genug ist, um so ziemlich alles nur noch halbherzig hinzurotzen.

  • 1. Dezember 2009 um 14:13 Uhr
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    Ich verehre ja Pete, und verzeihe ihm so manches. Aber so als ehemaliger British Council „Stipendiat“ halte ich ihn doch für klug genug, um zu wissen, dass das irgendwie dumm ist. Scheint aber auch anderen zu passieren:
    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,661659,00.html.
    (Wobei spekuliert wird, dass Köhler da selber schön mitgesungen hat.)
    Vielleicht also auch ein Versehen.
    Hab neulich seinen Auftritt vom Berlin Festival gesehn und war wie meist begeistert.

  • 1. Dezember 2009 um 14:55 Uhr
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    Herr Köhler hat wirklich am Anfang mitgesungen,
    ich habe den Ausschnitt vor ein paar Tagen im Fernsehen gesehen.

    Schade, dass er nicht bei Pete dabei war, die beiden hätten bestimmt ein gutes Duett abgegeben.

  • 1. Dezember 2009 um 15:34 Uhr
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    Ja stimmt, und wenn Pete ein bißchen mehr wie Köhler wäre und Köhler ein bißchen mehr wie Pete hätten wir alle was davon.

  • 1. Dezember 2009 um 23:25 Uhr
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    @Arnd und alle: Das Problem ist wohl, dass Doherty der umstrittenste Musiker on earth ist. Die einen halten ihn für ein Genie (das sich nun mal 99% daneben benimmt), die anderen für einen großen Trottel (der zu 99% schlechte Lieder schreibt). Die Entscheidung, Doherty vor Kettcar-Fans auftreten zu lassen, musste irgendwie schief gehen. Der kurze Auftritt selbst war das Beste, was ich je von Doherty gesehen habe. Wenn er denn mal aufgetreten ist…

  • 2. Dezember 2009 um 11:17 Uhr
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    Ich mag ja Kettcar nicht so und Pete sehr. Aber es gibt doch bestimmt viele, die beide gut finden, oder?

  • 13. April 2011 um 19:37 Uhr
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    Pete gestern im Übel&Gefährlich in Hamburg: Fantastisch, schaurig schön und ohne Skandal. Da rezitiert er ein ihm zugeworfenes kryptisches Gedicht, versucht es sich irgendwie auf Englisch zu übersetzen und kreiert wieder neue Poesie – und singt die ganze Zeit die wahrsten Songs der Welt, als ginge es um sein Leben.
    Wäre diese Fatalität doch auch den Plappermädels und den iPhone-Filmern bewusster gewesen…

  • 14. April 2011 um 07:19 Uhr
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    Die iphone-Filmer, ganz schlimme Spezie! Sollte man denen allen wegnehmen;)

  • 14. April 2011 um 08:20 Uhr
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    @Regine….Danke schon mal für die ersten Eindrücke :-) ….ich freue mich schon wie bolle auf Freitag in München. Ich hoffe es bleibt ohne Skandale. Soll ja schon in Berlin ganz großartig abgeliefert haben.
    https://www.tagesspiegel.de/kultur/pop/peter-doherty-im-postbahnhof/4052754.html

    Ansonsten sollte jemand vor mir filmen werde ich ihn freundlich drauf hinweisen ob er denn überhaupt die Momentaufnahme „Livekonzert“ mitbekommt. Zeigte schon Wirkung bei Band of Horses.

    Ahoi

  • 17. April 2011 um 22:04 Uhr
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    wie schade, dass du am freitag nicht so viel glück hattest wie ich.

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