HEINZ STRUNK, 20.10.2009, Schocken, Stuttgart

HEINZ STRUNK

Foto: Steffen Schmid

Fangen wir doch gleich mal fast ganz am Ende an, als Proto-Hanseat Schappo Klack diskret den lieben Heinzer auf seinen offenen Hosenstall aufmerksam macht, und dieser schlagfertigst mit der Zeitungsschlagzeile „Heinz Strunk entzaubert“ kontert.

Mal wieder ein Spitzenabend mit Allround-Entertainer Heinz Strunk. So lasse ich mir Lesungen gefallen. Wie immer wenn ein Crewmitglied der Studio Braun Jungs auftritt, sind die Einstiege sensationell komisch. War bei Schamoni so, war bei Strunk letztes Jahr so, und war bei Studio Braun im Schocken vor paar Jahren erst recht so. Herrlich, wie dieses ganze Wichtigtuer-Finanzwirtschaftsgeschwätz aus seinem angestammtem Umfeld rausgerissen wird und in der neuen Umgebung als das hohle Gebrabbel sichtbar wird, das es in Wirklichkeit auch ist. Eindrücke davon gibt’s u.a. in den famosen „Grußworten“ auf seiner Homepage.
Querflöte hat er diesmal auch dabei, die er zweimal zum Einsatz bringt. Lockert das Ganze auf, und erinnert einen auch wieder daran, dass der gute Mann ein hervorragender Musiker ist.
Gelesen wird aus dem Fleckenteufel. Monoton ist anders, da er seine Sprechstimmen sehr variiert und den Charakteren und Stimmungen anpasst. Bisschen beschwippst scheint er auch zu sein, oder er tut sehr gekonnt so. Auf jeden Fall ist es sehr unterhaltsam und stellenweise extrem witzig den derbe proktologischen Ausführungen und abwegigen, pubertären Sexualfantasien zuzuhören. Am liebsten sind mir allerdings die Stellen, und deswegen sind mir seine Bücher auch so wichtig, in denen die existenziellen Zweifel beschrieben werden, die Ängste vor dem Alleinsein, den eigenen Unzulänglichkeiten und die Ahnung, dass das alles nicht so einfach ist in diesem vielleicht sinnentleerten Universum, und dass Humor eben ein Umgang ist, damit fertig zu werden. Wie das Leben nun mal so ist mit seinen Unperfektheiten, Hoffnungsmomenten und Niederschlägen, so sind seine Bücher. Das muss man nicht als große Literatur einstufen, ist es wohl auch nicht, aber aus Strunks Lesungen lauf ich doch immer mit der Ahnung heraus, dass es zumindest noch jemanden gibt, der vielleicht so ähnlich tickt.
Ein schöner Trost!

3 Gedanken zu „HEINZ STRUNK, 20.10.2009, Schocken, Stuttgart

  • 21. Oktober 2009 um 16:44 Uhr
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    Gut geschrieben, Lin!! Strunk ist so ein Sprachkünstler, dass er die von dir beschriebenen Unwägbarkeiten oftmals auf nur ein Wort reduziert.
    Existenzielle Zweifel, Angst vor dem Alleinsein, Unzulänglichkeit = Arschdruck!

  • 21. Oktober 2009 um 17:18 Uhr
    Permalink

    top geschrieben wieder lino. was wären wir ohne dich.

  • 22. Oktober 2009 um 15:55 Uhr
    Permalink

    Und Heinzer zieht das beinahe gesamte Gig-Blog-Team, wie Lino bereits bemerkte. Quasi ein Kristallisationsstrunk.

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